Urteil Nº 6B 600/2022 Bundesgericht, 17-08-2022

Judgement Number6B 600/2022
Date17 août 2022
Subject MatterStrafprozess Einsprache gegen einen Strafbefehl
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6B_600/2022
Urteil vom 17. August 2022
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin,
Bundesrichterin van de Graaf,
nebenamtliche Bundesrichterin Lötscher,
Gerichtsschreiberin Andres.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Häusermann,
Beschwerdeführerin,
gegen
Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat, Stauffacherstrasse 55,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Einsprache gegen einen Strafbefehl,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, III. Strafkammer, vom 4. März 2022 (UH210184-O/U/GRO).
Sachverhalt:
A.
A.a. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat verurteilte A.________ mit Strafbefehl vom 27. Mai 2020 wegen Beschimpfung und Tätlichkeiten zu einer bedingten Geldstrafe von zehn Tagessätzen zu je Fr. 300.-- und zu einer Busse von Fr. 200.-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage). A.________ erhob dagegen fristgerecht Einsprache. Die Staatsanwaltschaft lud sie zu einer Einvernahme vor. Eine gegen die Vorladung erhobene Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 9. Juli 2020 ab. Auf die durch A.________ dagegen erhobene Beschwerde in Strafsachen trat das Bundesgericht nicht ein (Urteil 1B_404/2020 vom 10. August 2020).
A.b. Mit Verfügung vom 19. August 2020 trat die Staatsanwaltschaft auf die Einsprache von A.________ nicht ein. Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 18. März 2021 gut. Die Verfügung wurde aufgehoben und die Sache zur Durchführung des Einspracheverfahrens an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen. Auf die gegen diesen Beschluss von A.________ erhobene Beschwerde in Strafsachen trat das Bundesgericht nicht ein (Urteil 1B_232/2021 vom 21. Mai 2021).
A.c. Die Staatsanwaltschaft lud A.________ mit Verfügung vom 15. April 2021 zur Einvernahme am 11. Mai 2021 vor. Am 21. April 2021 beantragte A.________ bei der Staatsanwaltschaft einen Widerruf der Vorladung vom 15. April 2021. Mit Schreiben vom 22. April 2021 teilte ihr die Staatsanwaltschaft mit, dass die Vorladung nicht widerrufen werde. Die Beschwerde von A.________ gegen die Vorladung vom 15. April 2021 wies das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss vom 5. Mai 2021 ab, soweit es darauf eintrat. Auf die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde in Strafsachen trat das Bundesgericht nicht ein (Urteil 1B_374/2021 vom 11. August 2021).
A.d. Mit Schreiben vom 10. Mai 2021 beantragte A.________ die Verschiebung der Einvernahme vom 11. Mai 2021. Die Staatsanwaltschaft trat mit Verfügung vom 11. Mai 2021 auf die Einsprache von A.________ nicht ein und stellte fest, dass der Strafbefehl vom 27. Mai 2020 mit dem Rückzug der Einsprache in Rechtskraft erwachsen ist.
Das Obergericht des Kantons Zürich wies die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde am 4. März 2022ab.
B.
A.________ führt Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, es sei der Beschluss des Obergerichts vom 4. März 2022 betreffend das Nichteintreten der Staatsanwaltschaft auf ihre Einsprache aufzuheben. Es sei auf ihre Einsprache einzutreten, und die Sache sei zur Durchführung des Einspracheverfahrens an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. Ausgangsgemäss seien die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens neu zu verteilen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. A.________ beantragt die aufschiebende Wirkung.
C.
Die Präsidentin der Strafrechtlichen Abteilung wies das Gesuch um aufschiebende Wirkung mit Verfügung vom 1. Juni 2022 ab.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine falsche Anwendung von Art. 355 Abs. 2 i.V.m. Art. 205 Abs. 2 und 4 StPO und damit einhergehend eine Verletzung der Rechtsweggarantie nach Art. 29a BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK, des rechtlichen Gehörs nach Art. 29 Abs.2 BV sowie des in Art. 9 BV und Art. 3 Abs. 2 lit. a StPO verankerten Anspruchs, durch die staatlichen Organe nach Treu und Glauben behandelt zu werden. Sie bestreitet, in genügender Weise über die Voraussetzungen und die Anforderungen betreffend ihr Verhinderungsgesuch [recte: Verschiebungsgesuch] aufgeklärt worden zu sein. Sie habe nicht im Bewusstsein der Konsequenzen ihrer Unterlassung und in Kenntnis der massgebenden Rechtslage auf die ihr zustehenden Rechte verzichtet. Zwar enthalte die Vorladung der Staatsanwaltschaft den Hinweis auf die Säumnisfolgen bei unentschuldigtem Fernbleiben. Wie eine Entschuldigung zu erfolgen habe und wann ein Verschiebung sgesuch als akzeptiert gelte, sei der Vorladung weder klar noch einfach verständlich zu entnehmen. In der Vorladung seien lediglich die Art. 205, Art. 127, Art. 355 und Art. 113 StPO unter "Weitere Hinweise" kommentarlos und formularmässig abgedruckt. Die Beschwerdeführerin habe ihr Verschiebungsgesuch genügend begründet sowie belegt und habe davon ausgehen dürfen, sich gehörig entschuldigt zu haben. Sie sei auch nicht verpflichtet gewesen, für ihren Anwalt oder den Staatsanwalt am Tag des Einvernahmetermin serreichbar zu sein. Es sei im Übrigen willkürlich, wenn die Vorinstanz festhalte, die Staatsanwaltschaft und ihr amtlicher Verteidiger hätten versucht, sie telefonisch zu erreichen. Damit habe sie sich mit ihrem Gesuch vom 10. Mai 2021 ordentlich entschuldigt. Sodann habe sie aufgrund des Wortlauts der Vorladung damit rechnen dürfen, umgehend polizeilich vorgeführt zu werden, sofern das Verschiebungsgesuch nicht gutgeheissen würde. Ihr Fernbleiben von der Einvernahme könne nicht als konkludenter Rückzug der Einsprache gewertet...

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