Urteil Nº 5A 491/2013 Bundesgericht, 29-05-2015

Judgement Number5A 491/2013
Date29 mai 2015
Subject MatterSchuldbetreibungs- und Konkursrecht Kollokationsplan
Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
{T 1/2}
5A_491/2013
Urteil vom 29. Mai 2015
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichterin Escher,
Bundesrichter Marazzi, Herrmann, Bovey,
Gerichtsschreiber Levante.
Verfahrensbeteiligte
1. Staat Belgien, vertreten durch Madame Jacqueline Galant, Ministre de la Mobilité, chargée de Belgocontrol et de la Société nationale des chemins de fer belges,
2. Société Fédérale de Participations et d'Investissement (S.F.P.I.) SA,
3. SA Zephyr-Fin,
alle drei vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Christoph M. Pestalozzi und/oder
Dr. Christian Oetiker,
Beschwerdeführer,
gegen
1. Nachlassmasse der SAirLines AG in Nachlassliquidation, vertreten durch Koliquidatoren Karl Wüthrich und Prof. Dr. Roger Giroud,
2. Nachlassmasse der SAirGroup AG in Nachlassliquidation, vertreten durch Liquidator Karl Wüthrich,
beide vertreten durch Rechtsanwältinnen
Karin Graf und/oder Andrea Späth,
Beschwerdegegnerinnen.
Gegenstand
Kollokationsplan,
Beschwerde gegen den Beschluss und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Zivilkammer, vom 28. Mai 2013 (NE110008-O/U).
Sachverhalt:
A.
A.a. Am 5. Oktober 2001 gingen die SAirGroup AG und die SAirLines AG in die (provisorische, dann definitive) Nachlassstundung, und am 20. Juni 2003 bestätigte das Bezirksgericht Zürich (als Nachlassgericht) die Nachlassverträge mit Vermögensabtretung (Art. 317 ff. SchKG). Zur Feststellung der am Liquidationsergebnis teilnehmenden Gläubiger erstellten die Liquidatoren die Kollokationspläne (Art. 321 SchKG).
A.b. In beiden Nachlassverfahren hatten der Staat Belgien, die Société Fédérale de Participations et d'Investissement (S.F.P.I.) SA (bzw. deren Rechtsvorgänger) sowie die SA Zephyr-Fin, alle drei Sabena-Aktionäre, Forderungen im Umfang von mehreren Milliarden Franken angemeldet. Die Forderungen dieser Gläubiger wurden von den Liquidatoren der SAirGroup AG und der SAirLines AG in Nachlassliquidation im Kollokationsplan (Auflage vom 19. Juli 2006) nicht zugelassen.
A.c. Gegen die abweisende Kollokationsverfügung erhoben die Gläubiger der SAirLines AG Beschwerde. Sie machten geltend, bereits im Juli 2001, vor Gewährung der (provisorischen) Nachlassstundung, in Belgien einen Prozess gegen die SAirLines AG anhängig gemacht zu haben, dessen Gegenstand die angemeldeten Forderungen seien. Sie verlangten, dass die angemeldeten Forderungen im Kollokationsplan pro memoria mit Fr. 1.-- bis zur rechtskräftigen Erledigung der von ihnen in Belgien anhängig gemachten Klage vorzumerken seien. Die Kompetenz der Liquidatoren zum Entscheid über die Kollokation wurde von den kantonalen Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen des Kantons Zürich sowie vom Bundesgericht am 23. April 2007 jedoch bestätigt (BGE 133 III 386).
A.d. Gegen die abweisenden Kollokationsverfügungen erhoben die Gläubiger am 8. August 2006 bzw. 2. November 2006 jeweils Klage beim Bezirksgericht Zürich (als Kollokationsgericht) gemäss Art. 250 Abs. 1 SchKG gegen die Nachlassmassen SAirGroup AG und SAirLines AG. Die Kläger verlangen je Nachlassmasse die Kollokation von Forderungen in der Dritten Klasse von 746,7 Mio. Franken.
A.e. Mit der Kollokationsklage vom 8. August 2006 stellten die Kläger u.a. den Antrag, die Kollokationsklage sei bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils der Cour d'Appel de Bruxelles zu sistieren. Mit Verfügung vom 29. September 2006 sistierte der Einzelrichter den Kollokationsprozess. Das Bundesgericht hob die Sistierung des Kollokationsprozesses am 30. September 2008 auf (BGE 135 III 127).
A.f. Die beiden Kollokationsklagen wurden am 11. Mai 2009 vereinigt. Mit Urteil vom 22. Februar 2011 wies der Einzelrichter am Bezirksgericht Zürich die Klagen ab, soweit darauf eingetreten wurde.
B.
Gegen das Urteil gelangten die Kläger mit Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich. Im Berufungsverfahren legten sie das Urteil der Cour d'Appel de Bruxelles vom 27. Januar 2011 vor (R.G. 2004/AR/1114, 2004/AR/1190; Appellation gegen das Urteil des Tribunal de commerce de Bruxelles vom 20. November 2003). Mit dem Urteil wurden Ansprüche teils gutgeheissen, teils abgewiesen und die Beurteilung weiterer Ansprüche bis zum Abschluss der in Belgien hängigen Strafverfahren ausgesetzt. Die Kläger verlangten im Berufungsverfahren die Teilanerkennung des Urteils der Cour d'Appel de Bruxelles vom 27. Januar 2011 und die Verfahrenssistierung bis zum vollständigen Abschluss der Zivilverfahren in Belgien sowie die nachfolgende Neubeurteilung der Sache und die Kollokation der von den belgischen Gerichten zugesprochenen Forderungen. Mit Urteil vom 28. Mai 2013 wies das Obergericht sowohl den Sistierungsantrag als auch die Klagen ab.
C.
Der Staat Belgien, die Société Fédérale de Participations et d'Investissement (S.F.P.I.) SA sowie die SA Zephyr-Fin haben am 1. Juli 2013 Beschwerde in Zivilsachen erhoben. Die Beschwerdeführer beantragen die Aufhebung des Urteils des Obergerichts vom 28. Mai 2013 und die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur Neubeurteilung. Eventualiter verlangen sie (wie im kantonalen Verfahren) die Anerkennung des Urteils der Cour d'Appel de Bruxelles vom 27. Januar 2011 und die Verfahrenssistierung. Subeventuell wird die Kollokation der Forderungen verlangt.
Mit Präsidialverfügung vom 6. August 2013 wurde der Beschwerde antragsgemäss aufschiebende Wirkung gewährt. Es sind die kantonalen Akten, indes in der Sache keine Vernehmlassungen eingeholt worden.
Die Beschwerdeführer haben am 22. Juli 2014 und 11. Mai 2015"ergänzende Stellungnahmen" zur Beschwerde eingereicht.
Erwägungen:
1.
1.1. Angefochten ist ein Entscheid des Obergerichts als letzter kantonaler Instanz über Kollokationsklagen im Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung (Art. 321 Abs. 1 i.V.m. Art. 250 Abs. 1 SchKG). Dieser Entscheid unterliegt der Beschwerde in Zivilsachen (Art. 72 ff. BGG). Der Streitwert erfüllt nach den für den Kollokationsprozess massgebenden Regeln (BGE 82 III 94 S. 95) das gesetzliche Erfordernis (Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG). Die Beschwerdeführer sind zur Beschwerde legitimiert (Art. 76 Abs. 1 BGG). Mit dem angefochtenen Entscheid wird das Verfahren (durch gleichzeitige Ablehnung der Sistierung und Abweisung der Klagen) abgeschlossen (Art. 90 BGG); die Beschwerde ist (nach Zustellung des Urteils am 30. Mai 2013) fristgemäss erfolgt (Art. 100 Abs. 1 BGG) und grundsätzlich zulässig.
1.2. Die Beschwerdeführer wollen mit ihren Eingaben vom 22. Juli 2014 und vom 11. Mai 2015 ihre Beschwerde vom 1. Juli 2013 ergänzen und Stellung zum Urteil 4A_740/2012 vom 8. Mai 2014 (BGE 140 III 320) nehmen. Die nach Ablauf der Beschwerdefrist (Art. 100 Abs. 1 BGG) von den Beschwerdeführern eingereichten "ergänzenden Eingaben" können nicht berücksichtigt werden.
1.3. Mit der vorliegenden Beschwerde kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht und Völkerrecht gerügt werden (Art. 95 BGG). Soweit die Vorbringen der Beschwerdeführer im von den kantonalen Instanzen verbindlich festgestellten Sachverhalt keine Stütze finden (Art. 105 Abs. 1 BGG), kann darauf nicht eingetreten werden. Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Dabei bedeutet "offensichtlich unrichtig" willkürlich (BGE 133 II 249 E. 1.2.2 S. 252).
1.4. In der Begründung ist in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt (Art. 42 Abs. 2 BGG). Die Verletzung von Grundrechten und kantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 III 638 E. 2 S. 639).
1.5. Die vorliegenden Nachlassverfahren werden nach dem bis zum 31. Dezember 2013 in Kraft stehenden Nachlassrecht (weiter-) geführt (ÜBest zur Änderung des SchKG vom 21. Juni 2013; AS 2013 S. 4122 f.). Das Obergericht hat auf das Verfahren der Berufung die ZPO angewendet und für das erstinstanzliche (vor dem 1. Januar 2011 eingeleitete) Verfahren das kantonale Recht für massgeblich erklärt. Die Anwendung von Art. 404 Abs. 1 und Art. 405 Abs. 1 ZPO wird nicht in Frage gestellt und gibt zu keinen Erörterungen Anlass.
2.
Das Obergericht hat im Wesentlichen festgehalten, dass das belgische Urteil vom 27. Januar 2011 keinen Grund zur Sistierung der Kollokationsprozesse darstelle; es hat sich dabei insbesondere auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts gestützt und erwogen, dass der Entscheid des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 10. September 2009, C-292/08, German Graphics, an der Rechtslage nichts geändert habe. In der Sache machten die Beschwerdeführer geltend, die SAirLines AG und die SAirGroup AG hätten verschiedene Verträge (Shareholders and Masters Agreement [SMA] vom 4. Mai 1995, Supplementary Agreement vom 25. Januar 2001, Shareholders Agreement und das Share Transfer Agreement vom 25. Januar 2001 sowie das Astoria Agreement vom 2. August 2001) verletzt. Das Obergericht hat das Ergebnis des Kollokationsrichters bestätigt, dass nach Prüfung der (angemeldeten und soweit davon eingeklagten) Ansprüche keine Forderungen bestehen, welche in der Dritten Klasse im Kollokationsplan zuzulassen sind.
3.
Anlass zur vorliegenden Beschwerde geben die Kollokationsklagen der Beschwerdeführer, mit welchen sie die Kollokationsverfügungen in den Nachlassverfahren der SAirGroup AG und der SAirLines AG anfechten.
3.1. Das Obergericht hat die Kollokationsklagen der Beschwerdeführer abgewiesen, was zur Folge hat, dass ihre Forderungen am Liquidationsergebnis...

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