Arrêt nº 6B 571/2011 de Cour de Droit Pénal, 24 mai 2012

ConférencierPublié
Date de Résolution24 mai 2012
SourceCour de Droit Pénal

Chapeau

138 IV 130

19. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn gegen X. und Mitb. (Beschwerde in Strafsachen)

6B_571/2011 vom 24. Mai 2012

Faits à partir de page 131

BGE 138 IV 130 S. 131

  1. F. war Geschäftsführer und Finanzverantwortlicher der G. AG, deren Gesellschaftszweck in der Projektierung, Planung und Ausführung von Industriebauten bestand. A., B., C., D. und E. erstellten auf Anregung von F. in den Jahren 1998 und 1999 falsche Rechnungen für Lieferungen und Bau- bzw. Handwerksarbeiten, die in Wahrheit zugunsten der Privatliegenschaft von F. erfolgten. Die Rechnungen wurden zu Unrecht an die G. AG adressiert. Sie waren inhaltlich unwahr, da darin anstelle der tatsächlich (an die Privatadresse von F.) gelieferten Gegenstände andere Artikel aufgeführt wurden (beispielsweise "Werkzeuge" anstatt "Besteck" oder "Ergänzung Werkstatteinrichtung" für die Lieferung eines Briefkastens und eines Schlauchwagens für das Einfamilienhaus von F.). Objekt der Bau- bzw. Handwerksarbeiten waren jeweils nicht die in den BGE 138 IV 130 S. 132

    Rechnungen erwähnten Projekte "H.", "I.", "J." bzw. "K. AG" der G. AG, sondern das Einfamilienhaus von F. Zudem wurden in den Rechnungen teilweise andere als die tatsächlich ausgeführten Arbeiten aufgeführt (beispielsweise "Stahlkonstruktion streichen" anstatt "allgemeine Malerarbeiten"). F. erfasste die in Rechnung gestellten Beträge in der Buchhaltung der G. AG als erfolgswirksame Aufwände, wobei er den Verbuchungen die inhaltlich unwahren Rechnungen als Belege zugrunde legte, dies in der Absicht, sich einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen, da er die Ausgaben nicht persönlich bezahlen musste. A., B., C., D. und E. erstellten die Rechnungen jeweils mit dem von F. verlangten unwahren Wortlaut. Sie leisteten dessen Aufforderung Folge, da sie künftige Aufträge von diesem und der G. AG nicht verlieren wollten.

  2. Mit Urteil vom 29. April 2010 erkannte das Amtsgericht Olten-Gösgen D. und C. der Urkundenfälschung und A., B. sowie E. der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig. Vom Vorwurf der Gehilfenschaft zum Steuerbetrug sprach es sie frei. Es verurteilte sie je zu bedingten Geldstrafen zwischen 10 und 60 Tagessätzen.

    Auf Beschwerden von A., B., C., D. und E. hin sprach das Obergericht des Kantons Solothurn diese am 29. Juni 2011 von der angeklagten einfachen bzw. mehrfachen Urkundenfälschung frei. Der erstinstanzliche Freispruch vom Vorwurf der Gehilfenschaft zum Steuerbetrug erwuchs unangefochten in Rechtskraft.

  3. Die Staatsanwaltschaft führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts vom 29. Juni 2011 aufzuheben und die Sache zur Verurteilung wegen (mehrfacher) Urkundenfälschung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

  4. Das Obergericht und die Beschwerdegegner beantragen die Abweisung der Beschwerde.

  5. Die Strafrechtliche Abteilung des Bundesgerichts hat die Angelegenheit am 24. Mai 2012 an einer öffentlichen Sitzung beraten und die Beschwerde gutgeheissen.

    Considérants

    Aus den Erwägungen:

    1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung von Art. 251 Ziff. 1 StGB.

    1.1 Die Vorinstanz führt aus, die Rechnungen seien insofern falsch gewesen, als die von den Beschwerdegegnern tatsächlich BGE 138 IV 130 S. 133

    erbrachten Leistungen falschen Projekten zugeordnet worden seien. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung stellten Rechnungen für sich allein keine Urkunden dar. Sie hätten bei der G. AG im Rahmen eines schriftlichen Kontrollsystems zu einer zusammengesetzten Urkunde werden können. Dass dies der Fall war, sei nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen. Ein Schuldspruch würde zudem am Anklagegrundsatz scheitern, da den Beschwerdegegnern in der Anklage nicht vorgehalten werde, es sei zu zusammengesetzten Urkunden gekommen. Auch wenn sich der Gedanke an eine mögliche Manipulation der Buchhaltung durch F. aufgedrängt habe, hätten die Beschwerdegegner nicht gewusst, ob dies auch geschehen würde. Sie seien teilweise von internen Verrechnungen zwischen F. und der G. AG ausgegangen, eine Möglichkeit, die nicht von der Hand zu weisen sei. Im Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnungen sei deren Verwendung für die Buchhaltung noch offen und auch später im alleinigen Entscheidbereich von F. gewesen. Den Beschwerdegegnern könne auch nicht nachgewiesen werden, sie hätten mit den falschen Rechnungen in erster Linie die Buchhaltung der G. AG fälschen wollen. Die Rechnungen stellten schriftliche Lügen dar, welchen (für sich allein) keine Beweiseignung zukomme.

    1.2 Die Beschwerdeführerin hält dem entgegen, bei den inhaltlich unwahren Rechnungen habe es sich um Buchhaltungsbelege gehandelt, da sie Eingang in die Buchhaltung der G. AG gefunden hätten und klarerweise dazu bestimmt gewesen seien. Buchhaltungsbelege seien als Urkunden zu qualifizieren, weil ihnen aufgrund von Art. 957 OR erhöhte Glaubwürdigkeit zukomme.

    Wenn eine Privatperson einer Aktiengesellschaft eine Rechnung stelle, müsse einer im Geschäftsleben tätigen Person klar sein, dass die Rechnung als Buchhaltungsbeleg diene. Alle Beschwerdegegner seien sich offensichtlich bewusst gewesen, dass ihre Rechnungen für die Buchhaltung bestimmt gewesen...

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