Arrêt nº 7B.226/2006 de Chambre des Poursuites et Faillittes, 23 avril 2007

Conférencierpublié
Date de Résolution23 avril 2007
SourceChambre des Poursuites et Faillittes

veröffentlichter Text

Chapeau

133 III 386

46. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. Staat Belgien, Société Fédérale de Participations et d'Investissement SA und SA Zephyr-Fin gegen SAirLines in Nachlassliquidation sowie Obergericht des Kantons Zürich (SchKG-Beschwerde)

7B.226/2006 vom 23. April 2007

Faits à partir de page 386

BGE 133 III 386 S. 386

Am 5. Oktober 2001 ging die SAirLines in die (provisorische) Nachlassstundung, und am 20. Juni 2003 bestätigte das Bezirksgericht Zürich den von der SAirLines mit ihren Gläubigern geschlossenen Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung. Die Nachlassliquidatoren Karl Wüthrich und Roger Giroud wiesen mit Verfügungen vom 18. Juli 2006 die Forderungen des Staates Belgien, Société Fédérale de Participations S.A., der Société Fédérale d'Investissement S.A. und S.A. Zephyr-Fin ab und liessen diese in dem am 19. Juli 2006 aufgelegten Kollokationsplan nicht zu. Hiergegen erhoben die vier Gläubiger Beschwerde und verlangten, dass die Verfügungen aufzuheben und ihre in der Nachlassliquidation der SAirLines angemeldeten Forderungen von insgesamt fast 3,9 Mia. Schweizer Franken im Kollokationsplan pro memoria mit Fr. 1.- bis zur rechtskräftigen Erledigung der von ihnen in Belgien anhängig gemachten Klage vorzumerken seien.

Mit Beschluss vom 9. August 2006 wies das Bezirksgericht Zürich als untere Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab, soweit darauf eingetreten wurde. Das Obergericht des Kantons Zürich, als obere kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen wies die von den Gläubigern erhobene Beschwerde mit Beschluss vom 16. November 2006 ebenfalls ab.

Die Gläubiger haben den Beschluss der oberen Aufsichtsbehörde mit Beschwerdeschrift vom 18. Dezember 2006 (rechtzeitig) an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weitergezogen und beantragen, der angefochtene Beschluss sei aufzuheben. In der Sache verlangen sie (wie im kantonalen Verfahren), die Verfügungen der Nachlassliquidatoren seien aufzuheben und ihre angemeldeten Forderungen seien im Kollokationsplan pro memoria mit Fr. 1.- bis zur rechtskräftigen Erledigung der von ihnen in Belgien anhängig gemachten Klage vorzumerken.

Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit darauf einzutreten ist.

Extrait des considérants:

BGE 133 III 386 S. 388

Aus den Erwägungen:

4.

4.1 Beim Nachlassvertrag mit Vermögensabtretung haben die Liquidatoren zur Feststellung der am Liquidationsergebnis teilnehmenden Gläubiger und ihrer Rangstellung einen Kollokationsplan zu erstellen (Art. 321 Abs. 1 SchKG). Hierfür gelten nicht allein die gesetzlichen Vorschriften des Konkursverfahrens (Art. 321 Abs. 2 SchKG mit Verweisung auf Art. 244 bis 251 SchKG), sondern sinngemäss auch die einschlägigen Vorschriften der Verordnung des Bundesgerichts vom 13. Juli 1911 über die Geschäftsführung der Konkursämter (KOV; SR 281.32; vgl. BGE 115 III 144 E. 2 S. 145; BGE 130 III 769 E. 3.1 S. 772).

Gemäss Art. 63 KOV sind streitige Forderungen, welche im Zeitpunkt der Konkurseröffnung bereits Gegenstand eines Prozesses bilden, im Kollokationsplan zunächst ohne Verfügung der Konkursverwaltung lediglich pro memoria vorzumerken (Abs. 1). Wird der Prozess weder von der Masse noch von einzelnen Gläubigern nach Art. 260 SchKG fortgeführt, so gilt die Forderung als anerkannt, und die Gläubiger haben kein Recht mehr, ihre Kollokation nach Art. 250 SchKG anzufechten (Abs. 2). Wird der Prozess dagegen fortgeführt, so wird er zum Kollokationsprozess gemäss Art. 250 SchKG bzw. das Urteil des Richters zum Kollokationsurteil (BGE 132 III 89 E. 1.4 S. 94; BGE 130 III 769 E. 3.2 S. 772; GILLIÉRON, Commentaire de la loi fédérale sur la poursuite pour dettes et la faillite, N. 11 zu Art. 250 SchKG) und erfolgt je nach Ausgang des Prozesses die Streichung der Forderung oder ihre definitive Kollokation, welche von den Gläubigern ebenfalls nicht mehr angefochten werden kann (Abs. 3).

4.2 Die Beschwerdeführer haben nach eigenem Vorbringen im Juli 2001 gegen die SAirLines über die streitigen Forderungen in Belgien Klage erhoben, noch bevor diese in die Nachlassstundung ging (5. Oktober 2001) bzw. der Nachlassvertrag bestätigt wurde (20. Juni 2003). Die obere Aufsichtsbehörde hat erwogen, dass es keinen Grund gebe, die in Belgien im Prozess liegenden Forderungen im Kollokationsplan lediglich pro memoria vorzumerken. Sie hat sich dabei auf BGE 130 III 769 (E. 3.2.3 S. 773) gestützt. Das Bundesgericht hat in diesem Urteil entschieden, dass die in Art. 63 KOV getroffene Einschränkung der Regeln betreffend die Kollokation, wonach über Konkursforderungen, welche Gegenstand eines Prozesses BGE 133 III 386 S. 389

bilden, keine Kollokationsverfügung und kein Kollokationsverfahren durchzuführen ist, gemäss dem Territorialitätsprinzip auf das Gebiet der Schweiz beschränkt ist. Die Beschwerdeführer behaupten zu Recht nicht, dass der belgische Richter durch einen Staatsvertrag verpflichtet sei, den schweizerischen Konkurs zu beachten und den Prozess gemäss Art. 207 SchKG, auf welchen sich Art. 63 KOV stützt, zu sistieren. Das Abkommen vom 29. April 1959 zwischen der Schweiz und Belgien über die Anerkennung und Vollstreckung von gerichtlichen Entscheidungen und Schiedssprüchen (SR 0.276.191.721) ist auf Konkurs- und Nachlassvertragssachen nicht anwendbar (Art. 1 Abs. 2 des Abkommens). Der Hinweis der Beschwerdeführer auf Art. 166 ff. IPRG geht ins Leere, da diese Bestimmungen die Anerkennung eines ausländischen Konkursdekretes in der Schweiz betreffen. Insoweit ist keine gesetzliche Grundlage ersichtlich, um die hoheitliche Kompetenz der Liquidatoren (Art. 245 i.V.m. Art. 321 Abs. 2 SchKG) zur Anerkennung bzw. Abweisung der angemeldeten Forderungen in Frage zu stellen.

4.3 Die Beschwerdeführer erheben im Wesentlichen den Einwand, gestützt auf die dem SchKG vorgehenden Regeln (Art. 30a SchKG) über die gerichtliche Zuständigkeit gemäss LugÜ seien die in Belgien im Prozess liegenden Forderungen lediglich pro memoria im Kollokationsplan vorzumerken. Sie machen sinngemäss geltend, das LugÜ verpflichte die Schweiz, für die Kollokation (Kollokationsverfügung und -klage) vom Territorialitätsprinzip abzuweichen.

4.3.1 Nach Art. 1 Abs. 2 Ziff. 2 LugÜ sind "Konkurse, Vergleiche und ähnliche Verfahren" vom Anwendungsbereich des Übereinkommens ausgenommen. Nach der Rechtsprechung gilt gemäss EuGH der Ausschluss allgemein nur für solche Klagen, welche im Rahmen einer Konkursliquidation stattfinden, direkt aus dem Konkursverfahren hervorgehen und sich eng in eine Liquidation von Vermögenswerten oder einen gerichtlichen Vergleich einfügen. Das Bundesgericht hielt mit Hinweis auf die Lehre allgemein fest, dass Verfahren, die ihren Ursprung nicht im Schuldbetreibungs- und Konkursrecht haben bzw. keine direkte Folge davon sind, und stattdessen aller Wahrscheinlichkeit nach auch ohne den Konkurs erhoben worden wären, nicht unter den Ausschluss fallen (BGE 131 III 227 E. 3.2 S. 231).

4.3.2 Nach überwiegender Lehre fällt die Kollokationsklage gemäss Art. 250 SchKG nicht in den Anwendungsbereich des LugÜ (STOFFEL, BGE 133 III 386 S. 390

Ausschliessliche Gerichtsstände des Lugano-Übereinkommens und SchKG-Verfahren, insbesondere Rechtsöffnung, Widerspruchsklage...

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