Arrêt nº 6B 238/2011 de Cour de Droit Pénal, 13 septembre 2011

Date de Résolution13 septembre 2011
SourceCour de Droit Pénal

Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

{T 0/2}

6B_238/2011

Urteil vom 13. September 2011

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Mathys, Präsident,

Bundesrichter Schneider, Denys,

Gerichtsschreiber Näf.

Verfahrensbeteiligte

X.32.________,

X.33.________,

X.34.________,

X.35.________,

X.36.________,

X.37.________,

X.38.________,

X.39.________,

X.40.________,

X.41.________,

X.42.________,

X.43.________,

X.44.________,

X.45.________,

X.46.________,

X.47.________,

X.48.________,

X.49.________,

X.50.________,

X.51.________,

X.52.________,

X.53.________,

X.54.________,

X.55.________,

alle vertreten durch Rechtsanwalt C.________,

Beschwerdeführer,

gegen

  1. Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, An der Aa 4, 6300 Zug,

  2. A.________ AG, vertreten durch Rechtsanwalt

    Dr. Christian Klein,

    Beschwerdegegnerinnen.

    Gegenstand

    Nötigung; Beweiswürdigung, rechtliches Gehör, Verfahrensrechte,

    Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, Strafrechtliche Abteilung, vom 26. Januar 2011.

    Sachverhalt:

    A.

    A.a Den Beschwerdeführern wird vorgeworfen, sie hätten am 10. Oktober 2002, zwischen ca. 05.00 Uhr und ca. 15.30 Uhr, im Rahmen einer von der (damaligen) Gewerkschaft Bau und Industrie (GBI) geplanten Protestaktion als Mittäter gemeinsam mit weiteren Beschuldigten (insgesamt 67 Beteiligte) sämtliche Zufahrten zum Kies- und Betonwerk der A.________ AG und zum Belagswerk der B.________ AG in Cham/ZG für die Dauer von rund 10 Stunden versperrt. Während dieser Zeit habe - von einer einzigen Ausnahme abgesehen - mit Arbeitsfahrzeugen weder in das Werksgelände hineingefahren noch dieses verlassen werden können.

    Die Aktion war Teil einer Kampagne der (damaligen) GBI im Zusammenhang mit Verhandlungen über die Einführung einer Frühpensionierung in der Baubranche zwischen der (damaligen) GBI und dem Schweizerischen Baumeisterverband (SBV). Die 67 Teilnehmer der Aktion waren nicht Beschäftigte der genannten beiden Unternehmungen. Diese wurden nicht bestreikt.

    Die A.________ AG reichte gegen alle an der Aktion Beteiligten Strafanzeige und Strafantrag wegen Nötigung (Art. 181 StGB) und Hausfriedensbruchs (Art. 186 StGB) ein und machte eine Zivilforderung geltend.

    A.b Das Untersuchungsrichteramt des Kantons Zug leitete in der Folge Ermittlungen ein und überwies am 17. November 2003 unter Hinweis auf das Untersuchungsergebnis gemäss dem Polizeirapport vom 14. Januar 2003 die Untersuchung an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug.

    Die Staatsanwaltschaft stellte in der Anklageschrift vom 22. Januar 2004 beim Einzelrichter am Strafgericht des Kantons Zug den Antrag, es sei vorfrageweise über die Rechtswidrigkeit des inkriminierten Handelns zu befinden. Mit einem sog. "Vor-Urteil" vom 30. September 2004 stellte der Einzelrichter fest, die Aktion sei rechtswidrig im Sinne von Art. 181 StGB gewesen. Die Berufungskammer des Strafgerichts des Kantons Zug hiess mit Urteil vom 2. Februar 2005 die Berufung der Beschuldigten gut, hob das "Vor-Urteil" des Einzelrichters auf und wies die Akten zur Ergänzung der Untersuchung an das Untersuchungsrichteramt zurück.

    A.c In der Folge wurden in den Monaten Januar und Februar 2006 elf der am 10. Oktober 2002 vor Ort eingesetzten Polizeibeamten untersuchungsrichterlich einvernommen. Mit Verfügung des Untersuchungsrichteramts vom 17. Oktober 2006 wurde die Strafuntersuchung gegen sämtliche Beschuldigte eingestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt, es lasse sich nicht mehr abklären, ob und in welchem Ausmass durch welche konkreten Beschuldigten die Zufahrten versperrt worden seien. Auf die Zivilforderung der A.________ AG wurde nicht eingetreten, und die Zivilklage wurde auf den Zivilweg verwiesen.

    Gegen die Verfügung des Untersuchungsrichteramts erhoben die Staatsanwaltschaft und die Privatklägerin Beschwerde an die Justizkommission des Obergerichts des Kantons Zug. Diese hiess mit Urteil vom 28. März 2007 die Beschwerden gut und wies das Untersuchungsrichteramt an, die Untersuchung bezüglich der Tatbestände der Nötigung und des Hausfriedensbruchs weiterzuführen und abzuschliessen. Am 23. August 2007 wurden neun Beschuldigte in Anwesenheit ihre Verteidigers untersuchungsrichterlich einvernommen, wobei alle Beschuldigten vom Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machten, auf entsprechende Frage keine Bemerkungen oder Ergänzungen anbrachten und ihr Verteidiger auf Ergänzungsfragen verzichtete. Aus diesem Grunde wurde auf die Einvernahme der übrigen Beschuldigten verzichtet.

    A.d Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zug erhob am 26. Januar 2009 gegen sämtliche Beschuldigte Anklage beim Einzelrichter des Strafgerichts wegen Nötigung und Hausfriedensbruchs.

    Mit Verfügung vom 30. Januar 2009 forderte der Einzelrichter die Verteidigung auf, eine schriftliche Stellungnahme zur Anklage und allfällige Beweisergänzungsanträge einzureichen sowie mitzuteilen, ob sie eine öffentliche Verhandlung verlange.

    A.e Die nunmehr drei Verteidiger, welche je eine Gruppe der Beschuldigten vertraten, verlangten gestützt auf § 59 Abs. 2 Satz 2 Ziff. 2 aStPO/ZG eine Hauptverhandlung. Der Einzelrichter setzte diese auf den 17./18./24. und 25. Juni 2009 fest und lud die Parteien dazu vor. Zur Hauptverhandlung vom 17. Juni 2009 erschienen der Staatsanwalt, der Vertreter der Privatklägerschaft, sowie die Rechtsanwälte C.________ und D.________, aber nicht Rechtsanwalt E.________, hingegen Rechtsanwalt F.________, welcher nach seiner Darstellung von Rechtsanwalt C.________ für Teilaspekte substituiert war, "um ein paar grundsätzliche Aspekte dieser Geschichte zu betonen", handle es sich dabei doch "um eine Spezialität" (Protokoll der Hauptverhandlung vom 17. Juni 2009 vor dem Einzelrichter des Strafgerichts des Kantons Zug, kant. Akten GD 7/3). Hingegen erschien keiner der Beschuldigten. Mit Verfügung des Einzelrichters vom 23. Juni 2009 wurde die unentschuldigte Säumnis der Beschuldigten hinsichtlich der Hauptverhandlung festgestellt, das Fernbleiben der Beschuldigten als Verzicht auf eine Hauptverhandlung beziehungsweise als Rückzug des diesbezüglichen Begehrens gewertet und den Verteidigern Gelegenheit zur Einreichung einer abschliessenden Stellungnahme zur Anklageschrift gegeben.

    B.

    B.a Der Einzelrichter am Strafgericht des Kantons Zug sprach mit Urteil vom 19. August 2009 die Beschuldigten - darunter die Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren - vom Vorwurf des Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB frei. Er sprach die Beschuldigten hingegen der Nötigung (Art. 181 StGB) schuldig und bestrafte sie mit Geldstrafen von 5 Tagessätzen zu Fr. 100.--, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren. Die Verfahrenskosten wurden den Beschuldigten zu je 1/59 auferlegt.

    B.b Dagegen erhoben die Beschuldigten Berufung mit den Anträgen, das Urteil des Einzelrichters sei aufzuheben und das Verfahren sei gestützt auf § 38 Abs. 3 aStPO/ZG einzustellen; eventualiter seien sie vom Vorwurf der Nötigung freizusprechen.

    C.

    Die Strafrechtliche Abteilung des Obergerichts des Kantons Zug stellte mit Urteil vom 26. Januar 2011 das Verfahren gegen zwei Beschuldigte, die inzwischen verstorben waren, ein. Sie wies die Berufungen der übrigen Beschuldigten - darunter der Beschwerdeführer im vorliegenden Verfahren - ab und sprach sie der Nötigung (Art. 181 StGB) schuldig. Sie nahm jedoch zufolge Verletzung des Beschleunigungsgebots von einer Bestrafung Umgang. Die Kosten der Untersuchung, des erstinstanzlichen Verfahrens und des Berufungsverfahrens wurden vollumfänglich den Beschuldigten, respektive in zwei Fällen deren Erben, je zu gleichen Teilen von 1/57 auferlegt, und die Beschuldigten wurden verpflichtet, der Privatklägerin einen Teil der dieser zugesprochenen Entschädigung zu zahlen.

    D.

    Die Beschuldigten führen Beschwerde in Strafsachen mit den Anträgen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug vom 26. Januar 2011 sei im Schuldpunkt sowie im Kosten- und Entschädigungspunkt aufzuheben, und sie seien vom Vorwurf der Nötigung freizusprechen, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen. Sie stellen zudem den Verfahrensantrag, das vorliegende Beschwerdeverfahren sei mit den Verfahren betreffend die beiden Beschwerden der Mitbeschuldigten (6B_214/2011 und 6B_216/2011) zu vereinigen.

    Erwägungen:

  3. Der Antrag auf Vereinigung des vorliegenden Beschwerdeverfahrens (6B_238/2011) mit den Verfahren betreffend die beiden Beschwerden der übrigen Mitbeschuldigten (6B_214/2011 und 6B_216/2011) ist abzuweisen. Zwar stimmen die drei Beschwerdeschriften über weite Strecken miteinander überein, doch enthalten sie, wie auch in der vorliegenden Beschwerdeschrift angemerkt wird, nicht durchwegs identische Beschwerdegründe. In zwei der drei Beschwerden wird zudem Verjährung geltend gemacht. In einer der drei Beschwerden wird die Kostenauflage zu Lasten der Erbengemeinschaft eines während des Berufungsverfahrens verstorbenen Beschuldigten angefochten. Die vorliegende Beschwerde ist in der Begründung einzelner Rügen ausführlicher und detaillierter als die beiden anderen Beschwerden, in welchen im Übrigen kein Antrag auf Vereinigung aller drei Verfahren gestellt wird.

  4. 2.1 Die Beschwerdeführer machen wie im kantonalen Berufungsverfahren geltend, auf die Anklage hätte nicht eingetreten werden dürfen, da das inkriminierte Verhalten nach dem hier massgebenden alten, bis zum 30. September 2002 geltenden Verjährungsrecht, das vorliegend als milderes Recht zur Anwendung gelange, am 22. März 2010 absolut verjährt sei. Zur Begründung führen sie aus, zwar sei die inkriminierte Tat am 10. Oktober 2002 und damit nach dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen betreffend die Verjährung am 1. Oktober 2002 ausgeführt worden. Die inkriminierte Aktion sei aber gemäss der übereinstimmenden Auffassung der kantonalen Instanzen an der ausserordentlichen Berufskonferenz der (damaligen) Gewerkschaft Bau und Industrie (GBI) vom 21. September 2002 geplant und beschlossen worden. Damals hätten noch die Bestimmungen des alten Verjährungsrechts gegolten...

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