Arrêt nº 4A 224/2008 de Ire Cour de Droit Civil, 10 octobre 2008

Date de Résolution10 octobre 2008
SourceIre Cour de Droit Civil

Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

{T 0/2}

4A_224/2008 /len

Urteil vom 10. Oktober 2008

  1. zivilrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Corboz, Präsident,

Bundesrichter Kolly, Bundesrichterin Kiss,

Gerichtsschreiber Widmer.

Parteien

X.________ A.S.,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Lukas Wyss,

gegen

Y.________ GmbH,

Beschwerdegegnerin,

vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Thomas Rohner und Roger Morf.

Gegenstand

Internationales Schiedsgericht,

Beschwerde gegen den Teilschiedsspruch des ICC Schiedsgerichts mit Sitz in Bern vom 9. April 2008.

Sachverhalt:

A.

A.a Die X.________ A.S. (Beschwerdeführerin) ist eine türkische Aktiengesellschaft, die in der Düngemittelproduktion tätig ist. Als Ausgangsstoff zur Herstellung von Dünger verwendet sie unter anderem Schwefelsäure. Die Y.________ GmbH (Beschwerdegegnerin) ist unter anderem im Schwefelsäureanlagebau tätig.

Am 3. Juli 2003 schlossen die Parteien einen Vertrag über ein Projekt, nach dem die von der Beschwerdeführerin seit dem Jahre 1981 betriebene Anlage zur Herstellung von Schwefelsäure aus Rohschwefel durch die Beschwerdegegnerin für einen Gesamtpreis von EUR 22'950'000.-- umgebaut und modernisiert werden sollte. Namentlich sollte nach unbestrittener Parteidarstellung die Kapazität der bestehenden Anlage erhöht, die Energierückgewinnung verbessert und die Lebensdauer der Anlage verlängert werden. Der Vertrag enthält in Ziffer 16 eine Rechtswahl- und eine Schiedsklausel mit folgendem Wortlaut:

16.1 Anzuwendendes Recht

Die Interpretation dieses Vertrags sowie die Anwendung der einzelnen Vertragspunkte erfolgt in Übereinstimmung mit materiellem Schweizer Recht unter Ausschluss des einheitlichen UN-Kaufrechts.

16.2 Schiedsgericht

Alle sich aus diesem Vertrag ergebenden Streitigkeiten sollen in freundlichem Einvernehmen zwischen den Parteien behoben werden. Sollte dies innerhalb von 60 Tagen nach Mitteilung einer Partei an die andere über die Streitigkeit zu keiner Einigung führen, werden diese Streitigkeiten nach der Vergleichs- und Schiedsordnung der Internationalen Handelskammer, Paris, von drei gemäss dieser Ordnung ernannten Schiedsrichtern endgültig entschieden werden.

X.________ A.S. und Y.________ GmbH vereinbaren den gefällten Schiedsspruch zu anerkennen und sich demselben zu unterwerfen.

Sitz des Schiedsgerichts ist Bern/Schweiz, wo auch die Schiedsgerichtsverhandlung durchgeführt wird.

Weiter wurde im Vertrag unter Ziffer 3 folgende Regelung hinsichtlich Leistung einer Anzahlung durch die Beschwerdeführerin und Stellung einer Bankgarantie durch die Beschwerdegegnerin getroffen:

3.1.1 15 % des Gesamtpreises als Anzahlung nach Vertragsunterschrift

Zahlung gemäss Artikel 2.1 erfolgt gegen

Anzahlungsrechnung

Gestellung einer Bankgarantie durch die Y.________ GmbH, gültig bis Ende der Materialgarantie gemäss Artikel 5.1, längstens 30 Monate ab Inkrafttreten des Vertrages (...).

A.b Die von der Beschwerdegegnerin modernisierte Anlage wurde am 2. September 2004 in Betrieb genommen. In der Folge gerieten die Parteien darüber in Streit, ob die erneuerte Anlage den im Vertrag vom 3. Juli 2003 vorgesehenen Probebetrieb, unter Nachweis von vertraglichen Verfahrensgarantien (Werte für Kapazität, Emission, Säurequalität, Dampferzeugung und Schwefelverbrauch) erfolgreich bestanden hatte bzw. ob sie ordnungsgemäss funktionierte und ob sie als von der Beschwerdeführerin abgenommen zu gelten hatte.

Nach der Darstellung der Beschwerdegegnerin hatte die Beschwerdeführerin durch ungerechtfertigte Verweigerung der Unterzeichnung von Abnahmeprotokollen nach erfolgreichem Nachweis der Leistungsparameter zunächst die Abnahme der Anlage verzögert. Aufgrund einer Zusatzvereinbarung vom 15. Dezember 2004 gelte die Anlage aber spätestens mit der nachträglichen Lieferung eines zusätzlichen Schwefelschmelztanks als abgenommen. Soweit an der Anlage Mängel aufgetreten seien, die die Beschwerdegegnerin zu vertreten gehabt habe, habe sie diese im Rahmen der Gewährleistung beseitigt. Weitere Fehlfunktionen rührten daher, dass die Beschwerdeführerin die Anlage nicht sachgerecht betrieben und gewartet habe. Die Beschwerdegegnerin habe verschiedene über den ursprünglich vereinbarten Leistungsumfang hinausgehende Zusatzleistungen erbracht und von der Beschwerdeführerin zu verantwortende Fehlfunktionen bzw. Schäden an der Anlage behoben, wofür die Beschwerdeführerin ihr Kostenersatz schulde.

Die Beschwerdeführerin stellt sich demgegenüber auf den Standpunkt, beim Betrieb der Schwefelsäureanlage seien diverse schwerwiegende Probleme aufgetreten und die vertraglich vorgesehenen Probe- bzw. Garantieläufe hätten nicht erfolgreich durchgeführt werden können. Die Einwendung der Beschwerdegegnerin, die Mängel bzw. die Schäden seien auf einen nicht korrekten Betrieb der Anlage zurückzuführen, sei eine reine Schutzbehauptung. Die Beschwerdegegnerin schulde ihr nach Art. 97 ff. OR Schadenersatz, unter anderem wegen zusätzlicher Energiekosten aufgrund von verringerter Dampfproduktion, für entgangenen Gewinn wegen Stillstand der Schwefelsäureanlage, nutzlos gewordene Lohnkosten und Ersatzmaterial.

A.c Am 4. August 2005 versuchte die Beschwerdeführerin die von der Beschwerdegegnerin gemäss Ziffer 3.1.1 des Vertrags vom 3. Juli 2003 gestellte Bankgarantie bei der Bank A.________ in der Höhe von EUR 3'442'500.-- in Anspruch zu nehmen.

Die Beschwerdegegnerin erwirkte daraufhin beim zuständigen finnischen Gericht in Helsinki eine einstweilige Verfügung, in welcher der Bank A.________ untersagt wurde, auf die Garantie zu leisten. Das finnische Gerichtsverfahren befindet sich derzeit im Hauptsacheverfahren. Dieses wurde mit Beschluss vom 25. Oktober 2006 ausgesetzt, bis eine Entscheidung im Schiedsverfahren in der Schweiz ergangen ist. Die Beschwerdeführerin ist als Nebenintervenientin in den finnischen Prozess eingetreten.

Am 14./16. November 2005 erwirkte die Beschwerdeführerin in der Türkei unter Berufung auf die Zahlungsverpflichtung der Bank A.________ aus der Garantie einen Arrestbefehl gegen diese Bank sowie die Pfändung von Vermögenswerten derselben in der Höhe von EUR 3'442'500.--. Die Bank A.________ legte gegen dieses Vorgehen Widerspruch ein. In diesem Verfahren, dem die Beschwerdegegnerin auf Seiten der Bank A.________ beitrat, ist zur Zeit noch ein Rechtsmittelverfahren beim türkischen Kassationsgerichtshof hängig.

Zu einer Auszahlung der Bankgarantie ist es bisher nicht gekommen.

B.

B.a Mit Eingabe vom 26. Juni 2006 leitete die Beschwerdegegnerin gestützt auf die Schiedsklausel in Ziffer 16 des Vertrags vom 3. Juli 2003 beim Internationalen Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer in Paris eine Schiedsklage gegen die Beschwerdeführerin ein. Sie stellte das folgende, mit Eingabe vom 26. Januar 2007 modifizierte Rechtsbegehren:

1.a Es wird festgestellt, dass der Beklagten keine durch die Garantie Nr. 233384-550338 vom 16. September 2003 der Bank A.________ gesicherten Ansprüche gegen die Klägerin zustehen.

1.b Die Beklagte wird verurteilt, zu unterlassen, die Bank A.________ aus der Garantie Nr. 233384-550338 vom 16. September 2003 in Anspruch zu nehmen.

1.c Die Beklagte wird verurteilt, das Original der Garantie Nr. 233384-550338 vom 16. September 2003 an die Bank A.________ herauszugeben.

1.d Die Beklagte wird verurteilt, die in der Türkei gegen die Bank A.________ anhängige Klage beim Istanbul 4. Asliye Ticaret Mahkemesi (Az. 2006/89 E.) sowie bei allen sonstigen türkischen Gerichten anhängigen Klagen in Bezug auf die Garantie Nr. 233384-550338 vom 16. September 2003 zurückzunehmen.

1.e Es wird festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin sämtliche Kosten zu erstatten hat, die der Klägerin und der Bank A.________ aus oder im Zusammenhang mit den gerichtlichen Verfahren mit Bezug auf die Garantie Nr. 233384-550338 vom 16. September 2003 in Finnland vor dem Helsingin Käräjäoikeus (Az. 05/15940) und dem Helsingin Käräjäoikeudelle (Az 05/24340), sowie in der Türkei vor dem Istanbul 9. Asliye Ticaret Mahkemesi (Az. 2005/1019 D.I5.), dem Istanbul 5. Icra Dairesi (Az. 2005/17011), dem Istanbul 4. Asliye Ticaret Mahkemesi (Az. 2006/89 E.) und allen sonstigen türkischen Behörden entstanden sind und noch entstehen werden.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zur Behebung des Schadens am Schwefelofen EUR 385'040.92 zu bezahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für Zusatzleistungen, die die Klägerin gegenüber der Beklagten erbracht hat, EUR 930'000.00 zu bezahlen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Schiedsverfahrens.

Die Beschwerdeführerin entgegnete der Klage mit folgenden Begehren:

1. Auf die Klagebegehren 1.a - 1.e sei nicht einzutreten; im Übrigen sei die Klage abzuweisen.

2. Eventualiter: Die Klage sei abzuweisen.

3. Unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten der Klägerin.

Neben anderen Gründen für die Nichtanhandnahme der Klagebegehren 1.a-1.e machte die Beschwerdeführerin insbesondere geltend, das Schiedsgericht sei zur Behandlung der Begehren 1.b-1.e nicht zuständig.

B.b Das Schiedsgericht wurde mit den parteibenannten Schiedsrichtern Dr. Daniel Busse und Dr. Gert Thoenen sowie mit dem von diesen vorgeschlagenen Herrn Dr. Philipp Habegger als Vorsitzenden zusammengesetzt.

Mit Teilschiedsspruch (Award) vom 9. April 2008 entschied das Schiedsgericht folgendes:

1. Die Unzuständigkeitseinrede der Beklagten wird abgewiesen.

2. Betreffend Rechtsbegehren 1.b wird die Beklagte verpflichtet, zu unterlassen, die Bank A.________ aus der Garantie Nr. 233384-550338 vom 16. September 2003 in einem den Umfang von EUR 1'000'000.-- übersteigenden Betrag in Anspruch zu nehmen.

3. Die Rechtsbegehren 1.c und 1.d der...

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