Arrêt de Ire Cour de Droit Public, 27 novembre 1985

ConférencierPublié
Date de Résolution27 novembre 1985
SourceIre Cour de Droit Public

Chapeau

111 Ib 242

47. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 27. November 1985 i.S. X. und Mitbeteiligte gegen den zuständigen Gerichtspräsidenten des Kantons Y. (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)

Faits à partir de page 243

BGE 111 Ib 242 S. 243

A.- Am 21. November 1983 ersuchte der leitende Oberstaatsanwalt des deutschen Bundeslandes Rheinland-Pfalz in Koblenz das Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) um Rechtshilfe in einem Fall betreffend Steuerhinterziehung, wobei er geltend machte, nach schweizerischem Recht wäre die Verfehlung als Steuerbetrug zu qualifizieren. Der Sachverhalt wird wie folgt dargestellt:

Frau A. und ihre Tochter B. seien alleinige Gesellschafter der Firma C. GmbH, die druckhydraulische Kippvorrichtungen für Maschinen der Abfallbeseitigung herstelle. Geschäftsführerin sei Frau D. Die drei genannten Personen seien verdächtig, für die Jahre 1970-1978 falsche Körperschaftssteuer-, Gewerbesteuer- und Einkommenssteuererklärungen abgegeben zu haben, indem die Gewinne aus dem Geschäftsbetrieb um insgesamt rund 3,7 Millionen DM zu niedrig angegeben worden seien. Dadurch seien die drei genannten Steuern um insgesamt zwei Millionen DMBGE 111 Ib 242 S. 244

zu tief festgesetzt worden. Dies sei ermöglicht worden durch inhaltlich falsche Rechnungen der Firma X. mit Sitz in der Schweiz. Diese Firma habe Rechnungen über von ihr nicht getätigte Maschinenteile-Lieferungen erstellt, die in den Geschäftsbüchern der C. GmbH als Betriebsausgaben gebucht worden seien. Die Firma C. GmbH lasse seit 1969 bis heute Teile für ihre Produktion durch die Firma E. in Spanien fertigen. Diese Teile seien unmittelbar von der Lieferfirma an die Firma C. GmbH versandt worden. Die Rechnungen für diese Lieferungen habe aber von 1970 bis August 1978 die Firma X. ausgestellt, und an sie sei auch der Lieferpreis bezahlt worden. Insgesamt habe die Firma X. 75 falsche Rechnungen im Gesamtwert von rund 7,4 Millionen DM erstellt. Ab 1979 habe die Firma E. in Spanien ihre Rechnungen selbst erstellt und auch die Lieferpreise direkt erhalten. Ein Preisvergleich zeige, dass die von der Firma E. in Rechnung gestellten Preise mindestens rund 50 von Hundert unter den Preisen der Firma X. lägen, wodurch Betriebsausgaben von rund 3,7 Millionen DM fingiert worden seien. Da die Firma X. als Domizilgesellschaft keinen eigenen Geschäftsbetrieb unterhalte, somit am wirtschaftlichen Verkehr nicht teilnehme, könne sie die von ihr in Rechnung gestellten Lieferungen auch nicht ausgeführt haben. Aus diesen Umständen folge der dringende Verdacht, dass die angeführten Rechnungen inhaltlich falsch seien und somit Gefälligkeitsrechnungen darstellten. Nach schweizerischem Recht dürfte es sich um einen Abgabebetrug im Sinne von Art. 3 Abs. 3 des Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG) handeln. Die Verantwortlichen der Firma X. seien demnach verdächtig, Gefälligkeitsrechnungen zum Zweck der Steuerhinterziehung in der Bundesrepublik Deutschland hergestellt zu haben, und zwar auf Anstiftung der eingangs genannten Verantwortlichen der Firma C. GmbH.

Gestützt auf diese Darstellung des Sachverhaltes ersuchte die Staatsanwaltschaft Koblenz um eine Durchsuchung der Geschäftsräume der Firma X. in der Schweiz und um Beschlagnahme und Herausgabe aller dabei vorgefundenen Beweismittel über die Geschäftsbeziehungen der genannten Firma mit der C. GmbH. Ferner seien die verantwortlichen Personen der Firma X., namentlich der Verwaltungsrat V., als Zeugen zu vernehmen.

Nach Vorprüfung des Ersuchens im Sinne von Art. 78 IRSG leitete das BAP das Gesuch an das Verhöramt des zuständigen Kantons weiter. Dieses erliess am 19. Dezember 1983 zwei Verfügungen,BGE 111 Ib 242 S. 245

mit denen einerseits die Durchsuchung der Geschäftsräume der Firma X. und die Beschlagnahme der Unterlagen über die Geschäftsverbindung zwischen dieser Firma und der C. GmbH und anderseits die Vernehmung des Verwaltungsrates V. der genannten schweizerischen Firma als Zeuge angeordnet wurde. Am 4. Januar 1984 wurde auf ein entsprechendes deutsches Gesuch hin zusätzlich auch die Befragung des früheren Verwaltungsrates W. der Firma X. als Zeuge verfügt. Dem zuständigen deutschen Staatsanwalt, den Beschuldigten und ihrem Verteidiger wurde die Teilnahme an der Zeugenbefragung bewilligt.

Gegen die Verfügungen des Verhöramtes vom 19. Dezember 1983/4. Januar 1984 führten die Firma X. sowie V. und W. Verwaltungsbeschwerde bzw. Rekurs. Mit Entscheid vom 12. April 1985 wies der zuständige kantonale Gerichtspräsident sowohl Rekurs als auch Verwaltungsbeschwerde ab; er bezeichnete die Verfügungen des Verhöramtes, mit welchen den...

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