Arrêt de Ire Cour de Droit Public, 15 juin 1982

ConférencierPublié
Date de Résolution15 juin 1982
SourceIre Cour de Droit Public

Chapeau

108 Ia 178

33. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15. Juni 1982 i.S. Leuenberger, Rosenbusch und Gehrig gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde)

Faits à partir de page 179

BGE 108 Ia 178 S. 179

A.- Der Regierungsrat des Kantons Zürich erliess am 29. Oktober 1980 eine "Verordnung über die Anpassung des kantonalen Rechtes an die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches vom 6. Oktober 1978". Durch diese Verordnung wurde das zürcherische Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch (EG zum ZGB) ergänzt, indem in den Abschnitt über das Vormundschaftswesen ein VI. Titel "Fürsorgerische Freiheitsentziehung" mit den §§ 117a-117l eingefügt wurde. § 117i Abs. 1 bestimmt, dass im Falle einer Einweisung, Ablehnung des Entlassungsgesuches, Zurückbehaltung oder Rückversetzung die betroffene oder eine ihr nahestehende Person innert zehn Tagen nach Mitteilung des Entscheides bei der Psychiatrischen Gerichtskommission gerichtliche Beurteilung verlangen kann. Die Gerichtskommission besteht aus einem rechtskundigen Vorsitzenden und zwei weitern Mitgliedern, von denen mindestens eines Facharzt für Psychiatrie sein muss (§ 117i Abs. 2). Sie wird vom Regierungsrat auf eine feste Amtsdauer gewählt (§ 117i letzter Satz). Nach § 117k entscheidet die Psychiatrische Gerichtskommission als letzte kantonale Instanz. Die Verordnung wurde vom Bundesrat am 5. Dezember 1980 genehmigt und trat nach Veröffentlichung im Amtsblatt des Kantons Zürich vom 12. Dezember 1980 am 1. Januar 1981 in Kraft.

Die Rechtsanwälte Moritz Leuenberger, Ernst Rosenbusch und Bernhard Gehrig erhoben am 12. Januar 1981 beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, die Verordnung sei vollumfänglich aufzuheben, eventuell sei § 117i letzter Satz aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

BGE 108 Ia 178 S. 180

Extrait des considérants:

Aus den Erwägungen:

2. Die Beschwerdeführer machen geltend, die Ausführungsvorschriften zu den Bestimmungen des ZGB über die fürsorgerische Freiheitsentziehung hätten vom Regierungsrat nicht durch eine Verordnung in das zürcherische EG zum ZGB eingefügt werden dürfen, vielmehr hätten sie auf dem Gesetzgebungsweg erlassen werden müssen. Der Regierungsrat habe mit seinem Vorgehen den Grundsatz der Gewaltentrennung verletzt, weshalb die angefochtene Verordnung vollumfänglich aufzuheben sei.

Der Grundsatz der Gewaltentrennung wird nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts durch sämtliche Kantonsverfassungen als Individualrecht der Bürger gewährleistet, selbst wenn er in einzelnen Verfassungen nicht ausdrücklich erwähnt ist (BGE 105 Ia 359,BGE 93 I 44 mit Hinweisen). In der Verfassung des Kantons Zürich (KV) ist wie das Bundesgericht wiederholt festgestellt hat das Gewaltentrennungsprinzip nicht ausdrücklich ausgesprochen; es ergibt sich jedoch daraus, dass die Kantonsverfassung eine klare Trennung zwischen Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtspflege vornimmt (Art. 28 ff., Art. 37 ff., Art. 56 ff.;BGE 102 Ia 392,BGE 81 I 121 E. 2,BGE 79 I 131E. 4).

Der Regierungsrat behauptet nicht, er sei durch eine Vorschrift der Kantonsverfassung ermächtigt gewesen, die fraglichen Bestimmungen auf dem Verordnungsweg zu erlassen, sondern beruft sich für sein Vorgehen ausschliesslich auf Art. 52 des Schlusstitels zum ZGB (SchlT ZGB). Ob er mit dem Erlass der angefochtenen Verordnung seine Befugnisse überschritten und in den Bereich der gesetzgebenden Gewalt eingegriffen hat, hängt somit von der Auslegung einer eidgenössischen Gesetzesbestimmung ab. Die Anwendung und Auslegung von Gesetzesrecht sei es eidgenössisches oder kantonales kann das Bundesgericht, auch soweit der Grundsatz der Gewaltentrennung in Frage steht, nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür überprüfen (BGE 98 Ia 118 E. 6a,BGE 95 I 100 E. 4).

    1. Art. 52 Abs. 2 SchlT ZGB lautet wie folgt:

      "Soweit das neue Recht zu seiner Ausführung notwendig der Ergänzung

      durch kantonale Anordnungen bedarf, sind die Kantone verpflichtet, solche

      aufzustellen, und können sie auf dem Verordnungswege erlassen."

      Der Bundesgesetzgeber räumt mit dieser Vorschrift den Kantonen das Recht ein, die zur Anwendung des ZGB notwendigenBGE 108 Ia 178 S. 181

      Ausführungsbestimmungen auf dem Verordnungsweg zu erlassen, selbst wenn dazu, dem Gegenstand nach, gemäss kantonalem Recht ein Gesetz erforderlich wäre. Gleichartige Ermächtigungsklauseln finden sich auch in anderen Bundesgesetzen (z.B. in Art. 46 des BG über die Erhaltung des bäuerlichen Grundbesitzes vom 12. Juni 1951, in Art. 75 des BG über die Nutzbarmachung der Wasserkräfte vom 22. Dezember 1916, in Art. 59 des Tierseuchengesetzes vom 1. Juli 1966 und in Art. 61 des BG über die Nationalstrassen vom 8. März 1960). Sie sollen Gewähr dafür bieten, dass das eidgenössische Recht zu einem bestimmten Zeitpunkt...

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