Arrêt de Chambre d'accusation, 13 mars 1980

ConférencierPublié
Date de Résolution13 mars 1980
SourceChambre d'accusation

Chapeau

106 IV 413

100. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 13. März 1980 i.S. Eidg. Steuerverwaltung gegen A. AG und Mitbeteiligte

Faits à partir de page 414

BGE 106 IV 413 S. 414

BGE 106 IV 413 S. 415

A.- Mit Eingabe vom 15. Mai 1979 reichte Rechtsanwalt Dr. X. beim Eidg. Steueramt eine Strafanzeige gegen mehrere Gesellschaften und Zahnärzte ein. Er warf diesen unter anderem eine technisch perfekte und grossangelegte Verletzung derBGE 106 IV 413 S. 416

Art. 129 ff. des Bundesratsbeschlusses über die Erhebung einer Wehrsteuer vom 9. Dezember 1940 (WStB; SR 642.11) vor. Zur Begründung führte er unter Hinweis auf Zeugen und Urkunden im wesentlichen aus, die Z.-Organisation, ein Zusammenschluss von Dienstleistungsunternehmen für Zahnärzte, biete diesen als ganz besondere Dienstleistung ein Factoring-Verfahren an, das die Schaffung von Schwarzgeldern ermögliche; gewisse Zahnärzte erstellten nach ihrer eigenen Wahl zwei Arten von Rechnungen bzw. Inkassoaufträgen: normale und mit einem speziellen Code gekennzeichnete Honorarnoten; die Zahlungseingänge der letzteren würden auf separate Konten geleitet, die in den Buchhaltungen der betreffenden Zahnärzte nicht ausgewiesen würden; die diese Konten betreffenden Belege blieben vermutlich bei der B. AG oder der A. AG; es stehe fest, dass die strafbaren Handlungen in der Z.-Organisation gemeinsam mit den verzeigten Zahnärzten geplant und ausgeführt worden seien; ähnliche Dienstleistungen würden auch von der D. AG und der L. AG angeboten.

Dr. X. sandte seine Strafanzeige auch an die Steuerverwaltungen und Untersuchungsbehörden der Kantone Zürich, Basel-Stadt und Zug sowie an die Steuerverwaltung einer Gemeinde im Kanton Basel-Landschaft. Nach Absprachen unter diesen Kantonen stellte der Finanzdirektor des Kantons Basel-Landschaft am 4. Juli 1979 beim Vorsteher des Eidg. Finanzdepartements das Begehren um Einsatz der besonderen Steuerkontrollorgane (Besko) gemäss Art. 139 Abs. 1 WStB. Der Vorsteher des Eidg. Finanzdepartements beauftragte die Besko am 7. August 1979 mit der Durchführung einer Untersuchung gegen die in der Strafanzeige namentlich erwähnten sowie gegen die mit diesen rechtlich oder organisatorisch verbundenen Gesellschaften.

In der Folge wurden ehemalige Angestellte der beschuldigten Gesellschaften als Zeugen einvernommen. Am 7. September 1979 erliess der Direktor der Eidg. Steuerverwaltung gestützt auf Art. 46 bis 50 VStrR und Art. 139 WStB einen Durchsuchungsbefehl, mit dem er anordnete:

"Die Beamten der besonderen Steuerkontrollorgane der EStV ... haben

die Räume und Papiere der vorstehend genannten Gesellschaften ... sowie

die Tresorfächer der aufgeführten Gesellschaften und ihrer Organe

bei der Kantonalbank ... zu durchsuchen zwecks Beschlagnahme von

Gegenständen, die als Beweismittel von Bedeutung sein können, und

zwar die Buchhaltung und die dazugehörigen Belege der Jahre 1968BGE 106 IV 413 S. 417

bis 1979 sowie alle weiteren Geschäftsbücher und Belege, insbesondere die

EDV-Unterlagen, die Verwaltungsratsprotokolle und die Mikrofilmunterlagen

aus dem gleichen Zeitraum, welche geeignet sind, über allfällige

Steuerwiderhandlungen der genannten Gesellschaften und deren Organe sowie

der mit diesen Gesellschaften in einem Vertragsverhältnis stehenden

Personen Aufschluss zu geben."

Die Durchsuchungen wurden am 13. September 1979 in O. und P. gleichzeitig durchgeführt, wobei den anwesenden Organen der betroffenen Gesellschaften die Eröffnung des Strafverfahrens wegen Gehilfenschaft, eventuell Anstiftung zu Steuerhinterziehung oder Steuerbetrug durch Übergabe eines Eröffnungsbeschlusses mitgeteilt wurde. Über die beschlagnahmten Dokumente wurden Protokolle erstellt. Die Beschuldigten erhoben gegen die Durchsuchung Einsprache, worauf die Papiere versiegelt wurden.

Mit Eingabe an die Anklagekammer des Bundesgerichts vom 1. Oktober 1979 stellt die Eidg. Steuerverwaltung das Gesuch, es sei die Durchsuchung der beschlagnahmten Papiere und Magnetspeicher zu gestatten.

Extrait des considérants:

Aus den Erwägungen:

2. Die Gesuchsgegnerinnen wenden ein, der Eröffnungsbeschluss betreffend die Einleitung der Strafuntersuchung sei nicht datiert, was einen unheilbaren Mangel darstelle und zur Nichtigkeit des eingeleiteten Verfahrens führe. Dem ist entgegenzuhalten, dass ein förmlicher Eröffnungsbeschluss als Gültigkeitsvoraussetzung für die Untersuchung im Verwaltungsstrafrecht gar nicht vorgesehen ist. Gemäss der Ordnungsvorschrift von Art. 38 Abs. 1 VStrR soll die Eröffnung der Untersuchung aus den amtlichen Akten (Protokoll) ersichtlich sein. Dass dies vorliegend nicht der Fall sei, wird zu Recht nicht behauptet.

3. Die Anklagekammer des Bundesgerichts hat nur zu entscheiden, ob die Entsiegelung und Durchsuchung der beschlagnahmten Akten zulässig sei. Ob die Gesuchsgegnerinnen sich einer strafbaren Handlung schuldig gemacht und die Verwaltungsbehörden in der von ihnen eingeleiteten Untersuchung (abgesehen von der eigentlichen Beschlagnahme) Verfahrensvorschriften verletzt haben, kann hier nicht geprüft werden (vgl.BGE 104 IV 133 E. 4). Soweit die Ausführungen der GesuchsgegnerinnenBGE 106 IV 413 S. 418

darauf abzielen, darzutun, dass sie sich der ihnen vorgeworfenen Widerhandlungen nicht schuldig gemacht hätten, dass die Verwaltungsbehörden in dem von ihnen eingeleiteten Verfahren Formvorschriften verletzt hätten und dass die Kompetenzordnung des Verwaltungsstrafrechts und des WStB den allgemeinen schweizerischen Rechtsgrundsätzen widerspreche, ist demnach darauf nicht einzutreten. Dies gilt namentlich für:

- die Rügen betreffend die Zeugeneinvernahmen;

- das Vorbringen, die in der Strafanzeige behaupteten Umbuchungen hätten erlaubten Zwecken gedient und die Führung zweier oder mehrerer Konten sowie die besondere Art der Numerierung einzelner Konten beweise noch keine Widerhandlung gegen die Steuergesetzgebung;

- den Einwand, für die behaupteten Widerhandlungen könnten von vornherein nur solche Gesuchsgegnerinnen in Frage kommen, die Honorarnoten, Buchhaltungsabschlüsse oder Erfolgsrechnungen erstellten bzw. bearbeiteten;

- die Behauptung, es könne gar kein Steuerbetrug vorliegen, weil ein solcher die Verwendung gefälschter oder inhaltlich unwahrer Urkunden voraussetze, die von den Gesuchsgegnerinnen geführten Konten indessen keine Urkunden darstellten, und weil überdies der Steuerbetrug ein rechtskräftig abgeschlossenes Administrativverfahren wegen Steuerhinterziehung voraussetze;

- den Einwand verschiedener Gesuchsgegnerinnen, sie führten die Buchhaltungen nach den Angaben und Unterlagen der Ärzte und seien deshalb für deren allfällige Verfehlungen nicht verantwortlich.

4. Voraussetzung für die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wie für die Durchsuchung der Papiere ist unter anderem ein hinreichender Tatverdacht (vgl.BGE 102 Ia 531).

  1. Die Strafanzeige bezog sich ausdrücklich auf Steuerbetrug, also auf ein Vergehen (vgl. Art. 130bis WStB). Sie wurde von einem Rechtsanwalt verfasst und ausführlich begründet. Es darf angenommen werden, dass ein Rechtsanwalt sich der Tragweite eines derartigen Schrittes bewusst ist und ihn nicht leichtfertig und ohne Grund unternimmt.

    Die Gesuchsgegnerinnen machen geltend, der Anzeigeerstatter sei Verwaltungsratspräsident einer Aktiengesellschaft, die auf demselben Gebiete tätig sei wie sie und mithin zu ihnen inBGE 106 IV 413 S. 419

    Konkurrenz stehe. Das mag zutreffen, lässt die detaillierten Anschuldigungen in der Strafanzeige aber noch nicht als völlig unglaubhaft und ohne jeden Zweifel unbegründet erscheinen. Ob die Akten, die der Anzeigeerstatter eingereicht hat, widerrechtlich erlangt worden und deshalb unbeachtlich sein sollen, wie die Gesuchsgegnerinnen vorbringen, kann dahingestellt bleiben. Die Einleitung der...

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