Arrêt de IIe Cour de Droit Public, 9 mai 1980

ConférencierPublié
Date de Résolution 9 mai 1980
SourceIIe Cour de Droit Public

Chapeau

106 Ia 267

50. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. Mai 1980 i.S. Oswald und Niederer gegen Regierungsrat und Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde)

Faits à partir de page 268

BGE 106 Ia 267 S. 268

A.- Am 26. Februar 1979 gelangten Alex Oswald und Maya Niederer, Eigentümer der Liegenschaft Lämmlisbrunnenstrasse 18/Linsenbühlstrasse 19 in St. Gallen, an das Kantonale Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (KIGA) und ersuchten um Erteilung eines Patentes für den Betrieb einer "Peep-Show" ("Stützli-Sex"). Wie aus der Beschreibung im Patentgesuch Alex Oswalds und Maya Niederers hervorgeht, handelt es sich bei der "Peep-Show" um die Zurschaustellung nackter Frauen. Rund um ein Podium von 1,8 m Durchmesser, das mit einer würfelförmigen Sitzgelegenheit versehen ist, sind Zuschauerkabinen angeordnet, die mit eigenen, von innen verschliessbaren Eingängen versehen sind. Eine solche Kabine kann jeweils nur eine Person aufnehmen. Der Ablauf der Vorführung gestaltet sich nach der Darstellung der Beschwerdeführer wie folgt: Die posierende, nackte Frau verhält sich auf dem runden Podium still, während sich das Podium selbst in einem Zeitraum von 1,5 Minuten einmal vollständig dreht. In den Zuschauerkabinen sind Automaten angebracht, die beim Einwurf eines Frankenstücks den Blick auf die posierende Frau durch ein Guckloch für 30 Sekunden freigeben. Der Zuschauer kann beliebig oft Geld nachwerfen. Reklamentafeln sind keine vorgesehen, bloss die Anschrift "Peep-Show" soll auf die Schaustellung aufmerksam machen.

Das KIGA lehnte das Patentgesuch ab. Rekurse gegen diese Verweigerung des Patentes an den Regierungsrat und das Verwaltungsgericht des Kantons St. Gallen hatten keinen Erfolg. Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde der Gesuchsteller, die eine Verletzung der Handels- und Gewerbefreiheit sowie des verfassungsmässigen Rechtsgleichheitsgebotes rügen, ab aus folgendenBGE 106 Ia 267 S. 269

Extrait des considérants:

Erwägungen:

1. Art. 31 der Bundesverfassung gewährleistet die Handels- und Gewerbefreiheit. Der Begriff von Handel und Gewerbe im Sinne dieser Verfassungsnorm ist nach der Rechtsprechung weit zu verstehen und umfasst jede privatwirtschaftliche Tätigkeit, die die Erzielung eines Gewinnes oder eines Erwerbseinkommens bezweckt. Soweit eine solche Tätigkeit nicht mit Strafe bedroht ist, geniesst sie grundsätzlich auch dann den Schutz der Handels- und Gewerbefreiheit, wenn sie als sittlich anstössig erscheinen mag (BGE 103 Ia 261 f. E. 2a mit Verweisen; vgl. insbesondere auchBGE 101 Ia 476 E. 2b).

Gemäss Art. 31 Abs. 2 BV können die Kantone Bestimmungen über die Ausübung von Handel und Gewerbe erlassen; sie dürfen jedoch den Grundsatz der Handels- und Gewerbefreiheit nicht beeinträchtigen. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung verlangt deshalb, dass Einschränkungen der Handels- und Gewerbefreiheit auf gesetzlicher Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und die Grundsätze der Verhältnismässigkeit und Rechtsgleichheit beachten (BGE 105 Ia 71 E. 4b,BGE 104 Ia 198 E. 2b jeweils mit Verweisen). Dabei genügt für Eingriffe in die Handels- und Gewerbefreiheit nicht jedes irgendwie geartete öffentliche Interesse; untersagt sind den Kantonen namentlich Massnahmen mit wirtschaftspolitischer Zielsetzung (BGE 103 Ia 262 E. 2a,BGE 102 Ia 114 E. 3 jeweils mit Verweisen). Zulässig sind dagegen polizeilich motivierte Eingriffe zum Schutze der öffentlichen Sittlichkeit, Ruhe, Ordnung, Sicherheit und Gesundheit sowie von Treu und Glauben im Geschäftsverkehr (BGE 104 Ia 475 E. 2,BGE 103 Ia 262 E. 2a mit Verweisen).

Rügt ein Bürger die Verletzung eines speziellen Grundrechtes durch die kantonalen Behörden, so prüft das Bundesgericht die Auslegung und Anwendung kantonalen Rechtes grundsätzlich nur unter dem beschränkten Gesichtswinkel der Willkür. Liegt dagegen ein besonders schwerer Eingriff in das angerufene Grundrecht vor, so prüft es auch die Auslegung kantonalen Rechts mit freier Kognition. Frei prüft das Bundesgericht in jedem Fall, ob eine an sich vertretbare Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts mit den angerufenen verfassungsmässigen Rechten vereinbar ist. Dabei auferlegt es sichBGE 106 Ia 267 S. 270

jedoch Zurückhaltung, soweit die Beurteilung von einer Würdigung örtlicher Verhältnisse abhängt, welche die kantonalen Behörden besser kennen und überblicken als das Bundesgericht, und soweit...

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