Arrêt de Ire Cour de Droit Civil, 3 juillet 1956

ConférencierPublié
Date de Résolution 3 juillet 1956
SourceIre Cour de Droit Civil

Chapeau

82 II 308

43. Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. Juli 1956 i.S. Hauser gegen Schweiz. Lithographenbund und Lithographia Zürich.

Faits à partir de page 309

BGE 82 II 308 S. 309

A.- Der Schweizerische Lithographenbund (SLB), eine Genossenschaft mit Sitz in Zürich, bezweckt "die Organisation und die Vertretung der beruflichen Interessen aller im Flachdruck (Lithographie, Lichtdruck), Tiefdruck, Kupferdruck, Chemigraphie und der in diesen Fächern verwandten Berufen Beschäftigten" (Art. 30 der Statuten). Es gehören ihm sogut wie alle Arbeitnehmer dieser Berufszweige an. Seine Mitglieder "bilden Sektionen, deren Gebiet vom Zentralvorstand festgesetzt wird" (Art. 27 der Statuten). "Jede Sektion gibt sich eine eigene Verwaltung und ein Statut nach Massgabe ihrer Verhältnisse und den Bestimmungen der Zentralstatuten. Die Sektionsstatuten sowie prinzipielle Abänderungen derselben unterliegen der Genehmigung des Zentralvorstandes" (Art. 28 der Statuten).

Zwischen dem SLB und dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer (VSLB), in dem praktisch alle Arbeitgeber des Buchdruckergewerbes organisiert sind, besteht seit langem ein als "Berufsordnung" (BO) bezeichneter Gesamtarbeitsvertrag, der unter anderem folgende Bestimmungen enthält:

Art. 9. Die BO verpflichtet in bezug auf die in Art. 4 aufgezählten Berufsarten:

1. Die Mitglieder des Vereins schweizerischer Lithographiebesitzer, nur solche Gehilfen zu beschäftigen, die dem Schweizerischen Lithographenbund angehören;

2. die Mitglieder des Schweizerischen Lithographenbundes, nur in solchen Betrieben tätig zu sein, deren Inhaber dem Verein schweizerischer Lithographiebesitzer angehören.

Art. 10. Verliert ein Prinzipal oder Gehilfe durch Austritt oder Ausschluss die Mitgliedschaft bei seinem Verband, so hat dasBGE 82 II 308 S. 310

Tarifamt auf Antrag der einen Vertragspartei die andere zur raschestmöglichen Auflösung des mit dem Betreffenden abgeschlossenen Dienstverhältnisses zu verpflichten.

Die Mitglieder des VSLB dürfen nur für ihre Kundschaft und andere Mitglieder des VSLB oder von Verbänden arbeiten, mit welchen entsprechende vertragliche Bindungen bestehen.

Firmen des Lithographiegewerbes und der verwandten Branchen, welche dem VSLB nicht angehören, dürfen auf keinen Fall beliefert werden. Es ist den Gehilfen des SLB ausdrücklich verboten, ohne Einverständnis ihres Prinzipals für Dritte Arbeiten des Lithographiegewerbes und der verwandten Branchen auszuführen.

Anton Hauser, ein im Jahre 1902 geborener, verheirateter Retoucheur, war Mitglied des SLB und gehörte 1950/51 dessen Sektion Bern an. Im August 1951 wurde er arbeitslos. Da er in der Folge mit seinen Gewerkschaftsbeiträgen von wöchentlich Fr. 8.40 in Rückstand kam, schloss ihn die Sektion Bern mit Zustimmung des Zentralvorstandes nach einer Auseinandersetzung über seine Beitragspflicht am 1. Februar 1952 aus dem SLB aus. Der Ausschluss, gegen den Hauser sich beschwerte, wurde im Juni 1952 von der Delegiertenversammlung des SLB bestätigt.

Nachdem im Frühling 1952 eine letzte Stellenbewerbung in Bern aus nicht ersichtlichen Gründen erfolglos geblieben war, siedelte Hauser Anfang Juli 1952 nach Zürich über. Dort fand er auf 16. Juli 1952 bei der dem VSLB angehörenden Firma Gebr. Fretz AG auf ein von dieser aufgegebenes Inserat hin eine Stelle als Tiefdruck-Retoucheur. Da er seit 1928 nicht mehr als Tiefdruck-, sondern als Positivretoucheur gearbeitet hatte, musste er sich zunächst wieder einarbeiten. Für die Anlaufzeit wurden ein wöchentlicher Grundlohn von Fr. 115.-- sowie Teuerungs- und Familienzulagen von monatlich Fr. 262.-- vereinbart. Der Grundlohn war um Fr. 9.60 tiefer als der Durchschnitt des wöchentlichen Grundlohnes der dem Gesamtarbeitsvertrag unterstellten Arbeitnehmer.

Nachdem Hauser die Arbeit bei der Gebr. Fretz AG aufgenommen hatte, gaben ihm Vertrauensmänner des SLB aus diesem Betriebe zu verstehen, dass er wieder inBGE 82 II 308 S. 311

den SLB eintreten müsse, falls er hier arbeiten wolle. Hauser schrieb daher der Lithographia Zürich, Sektion des SLB, am 26. Juli 1952:

Nach 10-monatiger Arbeitslosigkeit bin ich vor 10 Tagen in die Firma Fretz als Tiefdruckretoucheur eingetreten, mit einem wöchentlichen Grundlohn von Fr. 115.--.

Mit den Lohnverhältnissen auf dem Platze Zürich, und in dieser Sparte wenig vertraut, versicherte mir der Inhaber des Geschäftes, dass dies ein guter Durchschnittslohn wäre.

Nach meinen nachherigen Erkundigungen trifft dies jedoch nicht zu. Ein guter Retoucheur, in meinem Alter 50 Jahre darf ruhig Fr. 130.-- verlangen, es sei denn, dass man sich als ,Lohndrücker' besonders gut eignet.

Ich habe nun die Absicht, nach Ablauf von 4 Wochen im Bureau einen Zuschlag von Fr. 10.- die Woche zu verlangen, allenfalls werde ich aus der Firma austreten und als selbständigerwerbender Graphiker weiterarbeiten.

Nun möchte ich Sie anfragen, ob die Statuten und die Berufsordnung diesen Ausnahmefall bewilligen können, ohne dass ich Mitglied des Schweiz. Lithographenbundes werde. Sollte die Firma den Zuschlag bewilligen, so werde ich natürlich alle rückständigen Beiträge rückwirkend vom Tage meines Eintritts an nachzahlen.

Laut verschiedenen Offerten, die mir zugegangen sind, versuchen die Firmen eine neue Teuerungszulage mit der Senkung des Grundlohnes auszugleichen. Nach meiner Auffassung müssen solche Bestrebungen energisch bekampft werden.

Die Lithographia Zürich antwortete Hauser am 28. Juli 1952 mit eingeschriebenem Brief:

Ihr Schreiben vom 26. Juli 1952 beantwortend, teilen wir Ihnen mit, dass Sie die Firma Fretz sofort verlassen müssen, da Sie nicht mehr Mitglied unserer Organisation sind.

Sie wissen genau, dass Sie von der Sektion Bern...

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