Arrêt de Cour de Cassation Extraordinaire, 15 juillet 1955

ConférencierPublié
Date de Résolution15 juillet 1955
SourceCour de Cassation Extraordinaire

Chapeau

81 IV 224

50. Urteil des Kassationshofes vom 15. Juli 1955 i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen Bamert.

Faits à partir de page 224

A.- Anton Bamert folgte am 1. Dezember 1954 etwa um 18.50 Uhr der vom Bahnhof Winterthur weggehenden Nelly Brügger, die unter ihrem rechten Arm eine Handtasche mit Geld und anderem Inhalt trug. Er beabsichtigte, sich die Tasche mit den darin versorgten Sachen anzueignen, um sich unrechtmässig zu bereichern. An der Lindstrasse rannte er von hinten an die Fussgängerin heran und versuchte, ihr die Tasche nach vorn wegzureissen. Das gelang ihm erst durch ein zweites Zerren, da BGE 81 IV 224 S. 225

Frau Brügger trotz der Überraschung zunächst ihr Gut mit dem Arm fester einzuklemmen vermochte. Bamert lief mit der Beute davon, gab sie aber preis, als er von einem Dritten gestellt wurde.

B.- Entgegen dem Antrage der Staatsanwaltschaft, welche die Tat als Raub würdigte (Art. 139 Ziff. 1 StGB), erklärte das Obergericht des Kantons Zürich Bamert mit Urteil vom 16. Mai 1955 lediglich des einfachen Diebstahls schuldig (Art. 137 Ziff. 1 StGB). Zur Begründung führte es aus, von einem eigentlichen Widerstand der Angegriffenen, der mit Gewalt hätte überwunden werden müssen, könne nicht die Rede sein. Soweit Bamert Gewalt verübt habe, sei sie gegen eine Sache, nicht gegen die Person gerichtet worden. Er sei durch sein schnelles und überraschendes Zupacken jedem Widerstand zuvorgekommen. Da Frau Brügger in keinem Augenblick in der freien Bildung und Betätigung ihres Willens gehindert gewesen sei, liege lediglich Diebstahl vor. Das Obergericht verurteilte Bamert unter Anrechnung von drei Tagen Untersuchungshaft zu einer bedingt vollziehbaren Gefängnisstrafe von vier Monaten.

C.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich beantragt, das Urteil sei aufzuheben und die Sache zur Bestrafung des Angeklagten wegen Raubes an das Obergericht zurückzuweisen. Sie macht geltend, indem Bamert den im festeren Einklemmen der Tasche liegenden Widerstand der Frau Brügger überwunden habe, habe er nicht nur gegen eine Sache, sondern gegen eine Person Gewalt verübt. Nicht nötig sei, dass Frau Brügger die Tasche krampfhaft festgehalten habe. Nach BGE 78 IV 227 liege Raub schon vor, wenn der Täter nur zum Teil Gewalt anwende, zum Teil dagegen das Opfer durch ein anderes Mittel, z.B. durch Hervorrufung von Verblüffung und Schrecken, zum Widerstand unfähig mache. Bamert habe den Raub auch vollendet, da er den Widerstand ganz gebrochen...

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