Arrêt de Cour de Cassation Extraordinaire, 24 septembre 1954

ConférencierPublié
Date de Résolution24 septembre 1954
SourceCour de Cassation Extraordinaire

Chapeau

80 IV 159

  1. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 24. September 1954 i.S. Bratschi gegen Eibel.

    Faits à partir de page 159

    BGE 80 IV 159 S. 159

    A.- Am 2. November 1951 erschien im St. Galler Tagblatt folgendes von Dr. Robert Eibel verfasstes Inserat der Aktion für freie Meinungsbildung "Trumpf Buur":

    "Es fehlt an freien Männern.

    Kurz vor den Wahlen erlebte man im Nationalrat ein Trauerspiel. Nur einer von 73 Teilnehmern einer Sitzung hatte den Mut, gegen den Versuch eines schweren Verfassungsbruches aufzutreten. Es ging um ein Postulat, welches forderte, die Teurungszulagen an das Bundespersonal seien auszuzahlen, ohne den Ablauf der Referendumsfrist abzuwarten.

    Der mutige Volksvertreter, der es wagte, diesem Manöver die Stirne zu bieten, ist unbekannt geblieben. Schade, denn es wäre interessant gewesen zu erfahren, ob er nicht zum vorneherein auf eine Wiederwahl verzichtet hatte!! Neben den 73, die sich bereit fanden, im höheren Interesse ihrer glücklichen Wiederwahl Gesetz und Recht in die Ecke zu drücken, sollen aber auch die 120 Ratsherren erwähnt werden, die überall zu finden waren, nur nichtBGE 80 IV 159 S. 160

    dort, wo sie ihre Pflicht als Volksvertreter eigentlich hinwies, nämlich in den Ratssaal.

    Die letzten Sonntag frisch gewählten Herren Nationalräte täten gut, sich zu diesem Trauerspiel ihre Gedanken zu machen. Sie legen schliesslich ein feierliches Gelübde auf die Verfassung ab. Wenn trotz diesem feierlichen Versprechen Dinge wie die erwähnten möglich sind, so liegt es daran, dass sich die Volksvertreter nicht mehr als freie Verfechter des allgemeinen Wohls vorkommen, sondern als Gefangene von Verbänden, mächtigen Gruppen und Interessenten, in deren offenen oder geheimen Auftrag sie (gern oder ungern) handeln.

    Von der historischen Aufgabe des Parlamentes, das Volk vor den Übergriffen des Fiskus und der Bürokratie zu schützen, ist leider nicht mehr viel übrig geblieben.

    Nach dem Willen von über 40 Nationalräten wären die Teurungszulagen für das Bundespersonal (sie kosten die Bagatelle von 27 Millionen Franken) in völlig rechtswidriger Weise überhaupt dem Referendum entzogen worden. Ein Hauptverfechter dieser volksdemokratischen Methode war wieder einmal mehr Herr Robert Bratschi, wahrhaftig ein Demokrat von beängstigenden Ausmassen.

    Es geht nicht darum, dem Personal diese Zulagen zu missgönnen, es geht darum, ob Recht noch Recht ist, und ob der Bürger sich auf ein Wort des Bundesrates, auf die Worte seiner National- und Ständeräte noch verlassen kann.

    Vor und während der Abstimmungskampagne um das neue Beamtengesetz, Ende 1949, hat man dem Volk versichert, dass es bei den geschätzten Mehrkosten in der Höhe von schliesslich 44 Millionen Franken jährlich bleiben werde. Präzis und deutlich wurde im Bundesrat und im Parlament erklärt, dass die bevorstehende Anpassung der Ämtereinreihung keine namhaften zusätzlichen Kosten verursachen werde.

    Die Druckerschwärze der Abstimmungskommentare war kaum trocken und die 44 Millionen Franken Lohnaufbesserungen für das Bundespersonal vom Volke beschlossen, als der Demokrat Bratschi seine Forderungen auf Änderung der Ämtereinreihung bekannt gab. Diese bedingen für das gesamte Bundespersonal weitere Mehrausgaben von mindestens 40 Millionen Franken jährlich, zu den bereits bewilligten 44 Millionen hinzu.

    Nimmt es einen da noch wunder, dass immer lauter von notwendigen Erhöhungen der Eisenbahn- und Posttarife die Rede ist? Vor der Abstimmung über das Beamtengesetz versicherten Bundesrat, SBB und PTT hoch und heilig, es würden keine Taxerhöhungen notwendig werden. Kaum war die Abstimmung vorbei, wurden die Projekte für Taxerhöhungen aus der Schublade gezogen. Begründung: Vermehrte Personalkosten!

    So wird das Vertrauen des Volkes in die Demokratie und in die Treue der Behörden langsam aber sicher untergraben. Wo sind in der neuen Bundesversammlung die freien Männer, welche Recht, Verfassung und pegebenes Wort konsequent über die Wünsche und Befehle der mächtigen Verbände und Interessengruppen stellen?"

    B.- Nationalrat Robert Bratschi fühlt sich durch dieses Inserat in seiner Ehre verletzt. Er reichte amBGE 80 IV 159 S. 161

  2. Januar 1952 beim Bezirksgericht St. Gallen gegen Eibel Strafklage wegen Verleumdung, eventuell übler Nachrede, eventuell Beschimpfung ein, verband damit das Begehren um Verurteilung des Beklagten zu Fr. 1000.-- Entschädigung und Genugtuung und verlangte Veröffentlichung des Urteils im St. Galler Tagblatt, in der Volksstimme, in der Ostschweiz, im Mitteilungsblatt der Aktion für freie Meinungsbildung, im Tagblatt der Stadt Zürich und im Anzeiger der Stadt Bern.

    Das Bezirksgericht sprach...

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