Arrêt de Ire Cour de Droit Civil, 6 juillet 1954

ConférencierPublié
Date de Résolution 6 juillet 1954
SourceIre Cour de Droit Civil

Chapeau

80 II 123

20. Urteil der I. Zivilabteilung vom 6. Juli 1954 i.S. Lederer gegen Allgemeine Unterstützungs-Institution des Schweiz. Lithographenbundes.

Faits à partir de page 124

BGE 80 II 123 S. 124

A.- Lukas Lederer, geb. 1878, deutscher Staatsangehöriger, war seit 1903 - mit Ausnahme der Jahre 1908/09 - Mitglied des Schweiz. Lithographenbundes (SLB), der eine in die Rechtsform der Genossenschaft gekleidete Gewerkschaft ist.

Der SLB unterhält zur Erreichung seiner Zwecke u.a. eine "Allgemeine Unterstützungs-Institution des SLB" (AUI). Diese ist eine selbständige Genossenschaft, deren Organe aber mit denjenigen des SLB identisch sind (Art. 91 Statuten SLB). Die Mitgliedschaft bei der AUI ist für die Mitglieder des SLB obligatorisch (Art. 10 und 91 Statuten SLB). Der Austritt oder Ausschluss eines Mitgliedes aus dem SLB zieht auch den Austritt oder Ausschluss aus der AUI nach sich, mit der Folge, dass jedes Anspruchsrecht gegenüber dem Verband und seinen Institutionen erlischt; eine Rückvergütung einbezahlter Beiträge findet grundsätzlich nicht statt (Statuten SLB Art. 20, 95; AUI Art. 6). Die Ausschlussgründe sind in Art. 17 der Statuten des SLB aufgezählt; nach dessen lit. f kann ein Mitglied ausgeschlossen werden, "wenn es Handlungen begeht, welche die Interessen des Verbandes schädigen und den Grundsätzen desselben zuwiderlaufen". Das Ausschlussverfahren ist in Art. 17/18 der StatutenBGE 80 II 123 S. 125

des SLB geregelt. Danach kann der Zentralvorstand auf Antrag einer Sektionsversammlung oder von sich aus ein Mitglied ausschliessen. Dem auszuschliessenden Mitglied steht das Recht zu, in der Sektionsversammlung, zu der es schriftlich unter Bekanntgabe der Umstände eingeladen werden muss, sich zu verteidigen. Gegen den Ausschluss kann es beim Zentralvorstand innert 4 Wochen den Entscheid der nächsten Delegiertenversammlung anrufen. Nach Art. 37 der Statuten des SLB und Art. 17 derjenigen der AUI müssen Anträge, die an der alljährlich im Mai stattfindenden Delegiertenversammlung zur Behandlung kommen sollen, bis Ende Februar dem Zentralvorstand eingereicht werden. Nach Art. 33 Ziff. 11 der Statuten des SLB und Art. 13 Ziff. 10 der Statuten der AUI ist die Delegiertenversammlung befugt, zu aktuellen Fragen Stellung zu nehmen.

Die AUI umfasst neben andern Kassen auch eine Invaliden- und Altersunterstützungskasse (Statuten SLB Art. 4 IV, AUI Art. 3). Zweck dieser Kasse ist nach Art. 30 der Statuten der AUI, die Mitglieder im Invaliditätsfalle oder im Alter von über 60 Jahren zu unterstützen. Die Mitglieder bezahlen in die Kasse je nach ihrem Eintrittsalter wöchentliche Beiträge von Fr. 3.50 bis 4.-. Sie erhalten im Invaliditätsfalle oder nach dem 60. Altersjahr bei Einstellung der Berufsarbeit eine Unterstützung, die je nach der Zahl der geleisteten Beiträge abgestuft ist und wöchentlich Fr. 9.- bis 36.- beträgt.

Lederer bezog ab 1938, nach Erreichung des 60. Altersjahres, eine Unterstützung von wöchentlich Fr. 26.50.

Durch BRB vom 29. Mai 1945 wurde Lederer aus der Schweiz ausgewiesen, weil er Mitglied der NSDAP sowie Obmann und Kassenleiter der Deutschen Arbeitsfront Olten war und sich als Denunziant betätigt hatte. Er verliess am 20. August 1945 die Schweiz.

Die Delegiertenversammlung des SLB und der AUI vom 2./3. Juni 1945 beschloss nach einlässlicher Diskussion: "Die von den Behörden des Landes verwiesenenBGE 80 II 123 S. 126

Mitglieder des SLB gehen sämtlicher Rechte unserer Unterstützungs-Institution verlustig". Dieser Beschluss wurde ohne Vorankündigung und in Abwesenheit Lederers unter dem Traktandum "Aktuelle Fragen" gefasst.

Gestützt auf den Beschluss der Delegiertenversammlung verweigerte die AUI die Auszahlung weiterer Unterstützungen an Lederer. Dieser erkundigte sich mit Schreiben vom 10. Juli 1945 beim SLB unter Bezugnahme auf eine vorangegangene Besprechung nach den Gründen, aus denen ihm die weitere Unterstützung verweigert werde, und bemerkte, die Delegiertenversammlung sei nicht zuständig, einem Mitglied seine Unterstützungen zu entziehen, die es sich durch seine Beitragsleistungen erworben habe.

Der Präsident der Sektion Zofingen des SLB, Lorenz, bestätigte Lederer mit Schreiben vom 12. August 1945, dass er weiterhin keine Unterstützung mehr zu beziehen habe und dass bei einer Erkundigung bei der schweizerischen Bundesanwaltschaft wohl genügend Material zu Tage träte, um seinen Ausschluss aus dem SLB zu rechtfertigen. Ebenso teilte der Zentralvorstand am 18. August 1945 Lederer mit, er erhalte die Unterstützung noch bis zum 18. August 1945 und fügte bei: "Als Mitglied des Lithographenbundes werden Sie ab 18. August 1945 abgemeldet".

Lederer, der seit 1945 in Gottmadingen (Baden) wohnt und auf öffentliche Unterstützung angewiesen ist, unternahm in den Jahren 1948 und 1951/53 erfolglose Bemühungen, um die weitere Auszahlung der Unterstützungsleistungen der AUI zu erwirken.

B.- Am 22. April/11. Juli 1953 erhob Lederer gegen die AUI des SLB Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung der seit 1945 aufgelaufenen Rentenbeträge und zur Ausrichtung der Rente auf seine Lebensdauer.

Zur Begründung machte der Kläger im wesentlichen geltend, er sei immer noch Mitglied des SLB, da ein AusschliessungsbeschlussBGE 80 II 123 S. 127

nie erfolgt sei; auf jeden Fall sei ihm ein solcher nie mitgeteilt worden. Eventuell sei der Beschluss der Delegiertenversammlung von 1945 nicht rechtsgültig, weil er nicht im statutarisch vorgeschriebenen Verfahren zustande gekommen sei. Weiter eventuell nahm er den Standpunkt ein, der Rentenanspruch könne ihm selbst dann nicht entzogen werden, wenn er tatsächlich und zu Recht...

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