Arrêt nº 4C.252/2006 de Ire Cour de Droit Civil, 21 novembre 2006

Conférencierpublié
Date de Résolution21 novembre 2006
SourceIre Cour de Droit Civil

veröffentlichter Text

Chapeau

133 III 90

9. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. X. gegen A.B. und B.B. (Berufung)

4C.252/2006 vom 21. November 2006

Faits à partir de page 90

BGE 133 III 90 S. 90

A. A.B. und B.B. (Kläger), beide mit Wohnsitz in Griechenland, reichten am 19. Dezember 2003 beim Bezirksgericht Zürich gegen X. (Beklagter) Klage ein und verlangten im Wesentlichen Rechenschaft über die Tätigkeit des Beklagten als Beauftragter ihres verstorbenen

BGE 133 III 90 S. 91

Vaters und über dessen Vermögenswerte, sowie die Herausgabe verschiedener Dokumente und 50 % der Aktien einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Vaduz (Gesellschaft), welche ihr Vater zusammen mit seinem Geschäftspartner, der ebenfalls aus Griechenland stammt, gegründet habe. Die Geschäftspartner hätten allerdings die Aktien zu 50 % im Rahmen einer Treuhandkonstruktion gehalten, an deren Umsetzung der Beklagte als Anwalt beider Geschäftspartner beteiligt gewesen sei. Nach dem Tod ihres Vaters sei der Anspruch auf Herausgabe und Rechenschaft auf die Kläger übergegangen.

B. Der Beklagte bestritt generell das Vorliegen eines vertraglichen Verhältnisses und insbesondere die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, so dass das Verfahren auf diese Frage beschränkt wurde. Das Bezirksgericht stellte für die Zuständigkeitsfrage auf die Behauptung der Kläger ab, wonach zwischen ihrem Vater und dem Beklagten eine vertragliche Beziehung bestanden habe, und beurteilte seine Zuständigkeit nach dem Übereinkommen vom 16. September 1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (LugÜ; SR 0.275.11). Es erkannte, der Beklagte habe seinen Wohnsitz zur Zeit nicht in der Schweiz, sondern in Spanien, und auch ein Gerichtsstand einer Zweigniederlassung in der Schweiz liege nicht vor. Dagegen erachtete es den Gerichtsstand am Erfüllungsort nach Art. 5 Ziff. 1 LugÜ für gegeben, wobei es den Erfüllungsort in Anwendung von Art. 117 IPRG nach schweizerischem Recht bestimmte, da der Beklagte bei Abschluss des Vertrages Wohnsitz in Zürich gehabt habe und der nachmalige Wegzug nicht zu einem Statutenwechsel geführt habe. Gestützt auf diese Überlegungen verwarf das Bezirksgericht am 25. Januar 2005 die vom Beklagten erhobene Unzuständigkeitseinrede. Gleich entschied am 1. Juni 2006 das Obergericht des Kantons Zürich, wobei es über weite Strecken auf die Erwägungen des Bezirksgerichts verwies.

C. Mit eidgenössischer Berufung beantragt der Beklagte dem Bundesgericht, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das Bezirksgericht für örtlich unzuständig zu erklären. Die Kläger schliessen auf kostenfällige Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit es darauf eintritt.

Extrait des considérants:

Aus den Erwägungen:

2. Der Beklagte anerkennt, dass er bei Vertragsschluss als Rechtsanwalt in Zürich tätig war. In diesem Zeitpunkt unterstand ein allfälliges Vertragsverhältnis nach Art. 117 Abs. 2 IPRG grundsätzlich schweizerischem Recht. Der Beklagte geht davon aus, es bestehe ein Dauerschuldverhältnis, da er unter anderem während mehrerer Jahre auch Verwaltungsrat der vom Vater der Kläger gegründeten Gesellschaft gewesen sei. Da die vertragliche Beziehung nach seinem Wegzug nach Spanien angedauert habe, sei von einem Statutenwechsel auszugehen. Berechtigte Erwartungen der Vertragspartner würden dadurch nicht enttäuscht, da der Vertrag keinerlei Beziehung mehr zur Schweiz aufweise, nachdem keine der beteiligten Parteien mehr Wohnsitz in der Schweiz habe und der Sitz der Gesellschaft in Liechtenstein sei. BGE 133 III 90 S. 92

2.1 Die Frage eines Statutenwechsels bei Veränderung der Anknüpfungstatsachen (vgl. Kropholler, Internationales Privatrecht, 6. Aufl., Tübingen 2006, § 27 I 3, S. 188) stellt sich im gesamten Bereich des internationalen Privatrechts. Wegen des im Vertragsrecht vorherrschenden Grundsatzes der gemeinsamen Parteiherrschaft (die sich auch in der weitgehenden Möglichkeit der Parteien, nach Art. 116 IPRG das anwendbare Recht selbst zu bestimmen, widerspiegelt) und der Gleichbehandlung der Parteien (vgl. Schwander, Die Auswirkungen des Zeitablaufs auf das Vertragsstatut, in: Besonderes Vertragsrecht - aktuelle Probleme, Festschrift für Heinrich Honsell zum 60. Geburtstag, Harrer/Portmann/Zäch [Hrsg.], S. 175 ff., 182) lassen sich die allgemein für den Statutenwechsel entwickelten Lehren (Kropholler, a.a.O., § 27 II, S. 189 ff.) nicht ohne Weiteres auf das Vertragsrecht übertragen (vgl. Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 6. Aufl., Köln 2004, Rz. 115 S. 127 f.).

2.2 Nach Art. 117 IPRG untersteht ein Vertrag bei Fehlen einer Rechtswahl dem Recht des Staates, mit dem er am engsten zusammenhängt, wobei vermutet wird, der engste Zusammenhang bestehe mit jenem Staat, in dem die Partei, welche die charakteristische Leistung erbringen soll, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat. Als massgebender Zeitpunkt für die Bestimmung des Aufenthaltsortes gilt dabei grundsätzlich der Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Ausnahmsweise kann namentlich bei Dauerschuldverhältnissen die Änderung des Aufenthaltes des Erbringers der charakteristischen Leistung einen Statutenwechsel bewirken (Urteil des Bundesgerichts 4C.73/2000 vom 22. Juni 2000, E. 4a/aa nicht publ. in BGE 126 III 334; Vischer/Huber/Oser, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl., Rz. 249 S. 128 f.; Dutoit, Droit international privé suisse, 4. Aufl., N. 49 zu Art. 117 IPRG; Amstutz/Vogt/Wang, Basler Kommentar, BGE 133 III 90 S. 93

N. 82 zu Art. 117 IPRG; Schnyder/Liatowitsch, Internationales Privat- und Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., § 26 Rz. 737 f. S. 256; vgl. auch Keller/Kren Kostkiewicz, Zürcher Kommentar, N. 46 und 214 ff. zu Art. 117 IPRG).

2.3 Der Gesetzgeber hat bewusst darauf verzichtet, den für die Beurteilung der Anknüpfungstatsachen massgeblichen Zeitpunkt festzulegen (Keller/Kren Kostkiewicz, a.a.O., N. 214 zu Art. 117 IPRG). Zu berücksichtigen sind vielmehr die gesamten Umstände des Einzelfalles (vgl. Vischer/Huber/Oser, a.a.O., Rz. 249 S. 129; Keller/ Kren Kostkiewicz, a.a.O., N. 17 zu Art. 117 IPRG). Bei der Zuweisung des Vertrages nach der charakteristischen Leistung handelt es sich lediglich um eine "Vermutung", so dass im Einzelfall zu prüfen bleibt, ob das Vertragsverhältnis zu einem anderen Recht ein engeres Verhältnis hat (Amstutz/Vogt/Wang, a.a.O., N. 12 zu Art. 117 IPRG; Schnyder/Liatowitsch, a.a.O., § 26 Rz. 738 S. 256, auf welche sich der Beklagte beruft; ebenso KELLER/KREN KOSTKIEWICZ, a.a.O., N. 23 zu Art. 117 IPRG). Aus der vom Gesetzgeber angestrebten Anknüpfung nach dem engsten Zusammenhang (Art. 117 Abs. 1 IPRG) ergibt sich, dass auch im Rahmen von Art. 117 Abs. 2 IPRG die Veränderung einer Anknüpfungstatsache nur zu berücksichtigen ist, wenn durch die Veränderung zu einer anderen Rechtsordnung ein engeres Verhältnis begründet wird und anzunehmen ist, der engste Zusammenhang bestehe mit dieser.

2.4 Die in Art. 117 IPRG aufgestellten Vermutungstatbestände dienen der Rechtssicherheit und der Voraussehbarkeit des massgeblichen Rechts (Keller/Kren Kostkiewicz, a.a.O., N. 22 und 51 zu Art. 117 IPRG; Amstutz/Vogt/Wang, a.a.O., N. 7 zu Art. 117 IPRG; Schnyder/Liatowitsch, a.a.O., § 26 Rz. 734 S. 255). Die Möglichkeit, durch einseitige Handlungen der Parteien wie die Verlegung des Wohnsitzes das anwendbare Recht zu beeinflussen, steht dieser Zielsetzung entgegen (vgl. Reithmann/Martiny, a.a.O., Rz. 124 S. 136). Zudem wäre es mit dem Geist des Schuldvertragsrechts kaum vereinbar, der einen Partei indirekt (über den Sitzwechsel) zu gestatten, einseitig den Inhalt des Vertrages abzuändern (Schwander, a.a.O., S. 182; vgl. auch Reithmann/Martiny...

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