Arrêt nº 6S.393/2000 de Cour de Droit Pénal, 19 février 2001

Conférencierpublié
Date de Résolution19 février 2001
SourceCour de Droit Pénal

veröffentlichter Text

Chapeau

127 IV 68

10. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. Februar 2001 i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern (Nichtigkeitsbeschwerde)

Faits à partir de page 69

BGE 127 IV 68 S. 69

Das Obergericht des Kantons Luzern verurteilte X. am 21. Dezember 1999 wegen Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug (Art. 146 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 25 StGB) und wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (Art. 19 Ziff. 1 und 2 lit. a BetmG [SR 812.121]) unter Annahme einer in mittlerem Grade verminderten Zurechnungsfähigkeit zu 10 Monaten Gefängnis, teilweise als Zusatzstrafe zum Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern vom 7. November 1995. Der X. gewährte bedingte Vollzug hinsichtlich Gefängnisstrafen von 3 und von 14 Monaten gemäss Urteilen vom 2. November 1993 und vom 7. November 1995 (wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz) wurde widerrufen.

X. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und die Sache zur Freisprechung vom Vorwurf der Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Das Bundesgericht heisst die Nichtigkeitsbeschwerde gut.

Extrait des considérants:

Aus den Erwägungen:

1. Der Verurteilung des Beschwerdeführers wegen Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug liegt der folgende Sachverhalt zu Grunde:

Im April 1996 gründete A. die K. GmbH mit einem Stammkapital von Fr. 20'000.-, wovon Fr. 10'000.- liberiert waren. Die GmbH mit Sitz in Hemberg/SG wurde am 22. April 1996 im Handelsregister eingetragen. Sie bezweckte den "Handel mit Sammelobjekten und Antiquitäten; Kauf und Verkauf von Restposten und weiteren Gegenständen; Erwerb, Verwaltung, Nutzung und Veräusserung von Gütern". Gesellschafterinnen waren zwei Frauen. B. wurde als Angestellter genannt. Im Mai 1996 wurden die beiden Gesellschafterinnen durch den Beschwerdeführer als neuen, alleinigen Gesellschafter abgelöst, der auch als Geschäftsführer der K. GmbHBGE 127 IV 68 S. 70

mit Einzelunterschrift in das Handelsregister eingetragen wurde. A. meldete den Beschwerdeführer bei der Einwohnerkontrolle in Inwil/LU an, obschon dieser nicht dort wohnte. Es wurde aber in Inwil ein Postfach auf den Namen des Beschwerdeführers gemietet, damit die an die K. GmbH gerichtete Post dorthin geleitet werden konnte. Nach der Eintragung der K. GmbH im Handelsregister zog A. den Betrag von Fr. 10'000.-, den er zur Teilliberierung des Stammkapitals zur Verfügung gestellt hatte, wieder ab und verwendete das Geld für eigene Zwecke.

  1. und der Beschwerdeführer kamen überein, Kreditkarten, Zahlkarten sowie WIR-Karten und WIR-Buchungsaufträge auf den Namen der K. GmbH ausstellen zu lassen, um damit die betreffenden Konti zu überziehen beziehungsweise die fraglichen Gesellschaften "abzuzocken". Irgendeine legale Geschäftstätigkeit übte die K. GmbH nicht aus.

Am 22. Mai 1996 beantragten A. und B. unter Verwendung der gefälschten Unterschrift des in der Folge für mehrere Monate nach Thailand verreisten Beschwerdeführers bei der WIR-Wirtschaftsring-Genossenschaft die Eröffnung eines WIR-Kontos für die K. GmbH. Dem Antrag wurde stattgegeben, und es wurden drei Zahlkarten ausgestellt, lautend auf A., B. und den Beschwerdeführer. In der Zeit vom 19. Juni bis zum 8. Oktober 1996 stellten A. und B. WIR-Buchungsaufträge im Gesamtbetrag von Fr. 30'882.05 aus. A. und B. beantragten unter Verwendung der gefälschten Unterschrift des Beschwerdeführers bei der BP (Switzerland) AG drei Kundenkarten für drei "Vertreter" der K. GmbH und bei der Shell (Switzerland) AG drei Kundenkarten für "Geschäftsleitung", "Aussendienst Ost" und "Aussendienst West" der K. GmbH. Den Anträgen wurde entsprochen. In der Zeit vom 30. August bis zum 19. Oktober 1996 tätigten A. und B. Waren- und Benzinbezüge im Gesamtbetrag von Fr. 29'537.15 (mit den Shell-Karten) und Fr. 20'628.50 (mit den BP-Karten). Die Rechnungen hätten im Lastschriftverfahren über ein vom Beschwerdeführer bei der St. Galler Kantonalbank eingerichtetes Konto beglichen werden sollen. Belastungen auf diesem Konto konnten indessen nicht erfolgen, da keine Deckung vorhanden war und weil die Bank die K. GmbH nicht kannte. Die Shell- und die BP-Kundenkarten wurden in der Folge gesperrt.

Der Beschwerdeführer macht gegen seine Verurteilung wegen Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug (Art. 146 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 25 StGB) einzig geltend, das Tatbestandsmerkmal der Arglist sei nicht erfüllt.

BGE 127 IV 68 S. 71

2. Die kantonalen Behörden haben nicht (nur) die Erlangung der Karten durch (ihres Erachtens arglistige) Täuschung der Aussteller, sondern (auch) die Verwendung der dergestalt erlangten Karten während mehrerer Wochen zum Bezug von Waren etc. im Wert von insgesamt mehreren 10'000 Franken als (gewerbsmässigen) Betrug qualifiziert. Dies ergibt sich deutlich unter anderem aus den erstinstanzlichen Erwägungen zur Gewerbsmässigkeit, auf welche die Vorinstanz verweist. Nach der Auffassung der kantonalen Behörden hat der Beschwerdeführer durch die ihm zur Last gelegte Mitwirkung bei der Erlangung der Karten durch arglistige Täuschung einen Beitrag zur anschliessenden Verwendung dieser Karten durch A. und B. geleistet und sich daher der Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug schuldig gemacht.

Damit stellt sich die Frage, ob derjenige, welcher die Karte durch arglistige Täuschung des Ausstellers über die Zahlungsfähigkeit und/oder den Zahlungswillen erlangt und anschliessend die ihm vom Aussteller überlassene Karte, obschon er zahlungsunfähig und/oder zahlungsunwillig ist, zum Bezug von Waren und Dienstleistungen verwendet, unter den Anwendungsbereich von Art. 146 StGB (Betrug) oder aber unter den Anwendungsbereich von Art. 148 StGB (Kreditkartenmissbrauch) falle.

  1. aa) Durch Erkanntnis des Amtsstatthalteramtes Sursee vom 13. Januar 1998 wurde die Untersuchung gegen den Beschwerdeführer unter anderem wegen Check- und Kreditkartenmissbrauchs gemäss Art. 148 StGB "eingestellt". In demselben Entscheid wurde der Beschwerdeführer wegen Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug gemäss Art. 146 Abs. 2 StGB in Verbindung mit Art. 25 StGB dem Kriminalgericht des Kantons Luzern zur Beurteilung überwiesen. Die Akten wurden der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern zur Anklageerhebung überwiesen. Gemäss den Erwägungen im Erkanntnis des Amtsstatthalteramtes Sursee kommt beim vorliegenden Sachverhalt Betrug gemäss Art. 146 StGB, nicht jedoch Kreditkartenmissbrauch nach Art. 148 StGB zur Prüfung. Diesbezüglich erfolge eine Einstellung des Verfahrens. Grundsätzlich bestehe zwischen den beiden Tatbeständen unechte Konkurrenz in Form der Spezialität. Wenn der berechtigte Karteninhaber die Karte kartenspezifisch missbrauche, gehe Kreditkartenmissbrauch vor. Werde hingegen der Kartenaussteller bereits bei der Erlangung der Karte durch den Täter arglistig getäuscht, komme Betrug zur Anwendung, wie sich ausBGE 122 IV 149 ergebe.

    BGE 127 IV 68 S. 72

    bb) Die Einstellung der Untersuchung unter anderm wegen Check- und Kreditkartenmissbrauchs wurde von der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern am 30. Januar 1998 visiert.

    Die Staatsanwaltschaft erhob am 28. April 1998 gegen den Beschwerdeführer Anklage wegen Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug. In der Anklageschrift wird unter Berufung aufBGE 122 IV 149 E. 3 S. 152 ff. ausgeführt, im Einklang mit den Zielen des Gesetzgebers und der Auffassung der Lehre sei grundsätzlich davon auszugehen, dass eine kartenspezifische, missbräuchliche Verwendung von Check- und Kreditkarten durch den berechtigten Inhaber im Verkehr sowohl mit dem Kartenaussteller als auch mit Dritten von Art. 148 StGB als speziellem Tatbestand erfasst werde und der allgemeine Betrugstatbestand (Art. 146 StGB) insoweit keine Anwendung finde. Wenn allerdings bereits der Kartenaussteller getäuscht werde, damit die Karte erlangt werden könne, erweise sich Art. 148 StGB (Kreditkartenmissbrauch) gegenüber Art. 146 StGB (Betrug) subsidiär. Mit guten Gründen habe der Amtsstatthalter den Fall nur unter dem Aspekt des Betrugs dem Kriminalgericht überwiesen, da sich die Täterschaft bereits zur Erlangung der Karten täuschender Machenschaften bedient habe.

    cc) Die erste Instanz hält in ihrem Urteil fest, dass Art. 148 StGB betreffend Check- und Kreditkartenmissbrauch vorliegend nicht anwendbar sei, "weil - soweit es um Kundenkarten geht - bereits die Kartenaussteller arglistig getäuscht worden sind". In solchen Fällen sei "Art. 148 StGB gegenüber Art. 146 StGB subsidiär (BGE 122 IV 153; TRECHSEL, Kurzkommentar, Art. 148 StGB N. 14 ...)".

    dd) Die Vorinstanz befasst sich nicht ausdrücklich mit der Frage nach dem Verhältnis zwischen Art. 146 und Art. 148 StGB und legt nicht dar, weshalb vorliegend die Anwendung von Art. 148 StGB ausser Betracht falle.

    ee) In der eidgenössischen Nichtigkeitsbeschwerde wird nicht geltend gemacht, der Beschwerdeführer hätte im Falle eines Schuldspruchs richtigerweise wegen Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Kreditkartenmissbrauch statt wegen Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug verurteilt werden müssen.

    Das Bundesgericht kann diese Rechtsfrage von Amtes wegen prüfen.

  2. Wer, obschon er zahlungsunfähig oder zahlungsunwillig ist, eine ihm vom Aussteller überlassene Check- oder Kreditkarte oder ein gleichartiges Zahlungsinstrument verwendet, um vermögenswerte Leistungen zu erlangen, und den Aussteller dadurch amBGE 127 IV 68 S. 73

    Vermögen schädigt, wird, sofern dieser und das Vertragsunternehmen die ihnen zumutbaren Massnahmen gegen den Missbrauch der Karte ergriffen haben, nach Art. 148 Abs. 1 StGB wegen Check- und Kreditkartenmissbrauchs mit Gefängnis bis zu fünf Jahren bestraft.

    a

  3. GemässBGE 122 IV 149, auf den sich die erste Instanz und die Staatsanwaltschaft berufen, findet Art. 148 StGB auch im Zweiparteiensystem Anwendung, so etwa beim Einlösen von ungedeckten, mittels einer Postcheckkarte garantierten Postchecks durch den rechtmässigen Inhaber...

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