Arrêt nº 6P.153/1999 de Cour de Droit Pénal, 27 avril 2000

Date de Résolution27 avril 2000
SourceCour de Droit Pénal

[AZA 0]

6P.153/1999/odi

KASSATIONSHOF

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27. April 2000

Es wirken mit: Bundesgerichtspräsident Schubarth, Präsident des Kassationshofes, Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, Kolly, Bundesrichterin Escher und Gerichtsschreiber Weissenberger.

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In Sachen

S.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Niklaus Oberholzer, Scheffelstrasse 1, St. Gallen,

gegen

StaatsanwaltschaftdesKantons St. G a l l e n,

KassationsgerichtdesKantons St. G a l l e n,

betreffend

Art. 4 und Art. 58 Abs. 1 aBV, Art. 6 Ziff. 1 EMRK

(Strafverfahren, Willkür,

Anspruch auf verfassungsmässigen Richter); (staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Kassationsgerichts des Kantons St. Gallen vom 28. Juni 1999), hat sich ergeben:

A.- Am 19. Februar 1988 wurde S.________ vom Bezirksgericht Rorschach wegen fortgesetzter ungetreuer Geschäftsführung zu einer bedingten Gefängnisstrafe von zehn Monaten verurteilt. Aus seinem damaligen strafbaren Verhalten resultierte eine Forderung der Nachlassverwaltung eines Geschädigten, worüber eine aussergerichtliche Vereinbarung über Fr. 500'000. -- getroffen wurde. S.________, der Geschäftsführer (mit Aktienmehrheit) der R.________ AG war, finanzierte diese Zahlung über das Aktionärsdarlehen der Treuhandgesellschaft und damit zu deren Lasten. Die Abtragung dieser Schuld aus eigenen Mittel war ihm nicht möglich.

Bereits ab dem 19. Juni 1989 begann S.________, Gelder von Kunden der R.________ AG abzuzweigen (Urteil KG Ziff. II.3. S. 5). Der Beginn der Vermögensdelikte fiel in eine Zeit, als S.________ noch nicht oder kaum spielte. Das regelmässige Spielen in Casinos begann erst 1992 und entwickelte sich dann zu einer "pathologischen Spielsucht" (Urteil KG S. 17). Bis zum Konkurs der Treuhandgesellschaft am 13. Juni und der Selbstanzeige von S.________ am 29. Juni 1996 hatte allein die Summe der zum Nachteil der Kunden der R.________ AG veruntreuten Gelder einen Betrag von weit über einer Million Franken erreicht (Urteil KG S. 16).

B.- Mit erstinstanzlichem Urteil vom 27. Januar 1999 (eröffnet am 12. März 1999) sprach die Strafkammer des Kantonsgerichts St. Gallen S.________ schuldig der mehrfachen qualifizierten Veruntreuung, des mehrfachen Betrugs, der mehrfachen Urkundenfälschung bzw. der Anstiftung dazu, der ungetreuen Geschäftsführung bzw. -besorgung sowie der Misswirtschaft und verurteilte ihn zu 3 1/2 Jahren Zuchthaus. In einem Anklagepunkt wegen Urkundenfälschung erfolgte ein Freispruch. Das Gericht ordnete sodann eine ambulante psychotherapeutische Behandlung an (Art. 43 Ziff. 1 Abs. 1 StGB).

Eine kantonale Nichtigkeitsbeschwerde des Verurteilten wies das Kassationsgericht des Kantons St. Gallen am 28. Juni 1999 (eröffnet am 9. August 1999) ab.

C.- S.________ erhebt staatsrechtliche Beschwerde mit dem Antrag, das Urteil des Kassationsgerichts - und eventuell auch dasjenige des Obergerichts - aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

D.- Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen beantragt die Abweisung der Beschwerde. Das Kassationsgericht des Kantons St. Gallen hat sich nicht vernehmen lassen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.- Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit einer staatsrechtlichen Beschwerde von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 125 I 253 E. 1a S. 254).

Im staatsrechtlichen Beschwerdeverfahren prüft das Bundesgericht gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG nur klar und detailliert erhobene Rügen (BGE 125 I 71 E. 1c S. 76; 122 I 70 E. 1c S. 73; 119 Ia 197 E. 1d S. 201, je mit Hinweisen). Gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG hat der Beschwerdeführende zur tatsächlichen und rechtlichen Substanziierung von staatsrechtlichen Beschwerden nicht nur den wesentlichen Sachverhalt und die als verletzt behaupteten Rechtssätze zu nennen, sondern darüber hinaus kurz gefasst darzulegen, inwiefern seine Rechte verletzt sein sollen (BGE 122 I 70 E. 1c S. 73). Die Beschwerdebegründung muss sich mit dem angefochtenen Entscheid auseinander setzen. Bloss appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid ist unzulässig (BGE 107 Ia 186 E. b; 121 I 225 E. 4c S. 230; 117 Ia 10 E. 4b S. 12). Wird, wie im vorliegenden Verfahren, die Beweiswürdigung und die Rechtsanwendung durch eine kantonale Behörde als willkürlich kritisiert, so ist darzulegen, inwiefern diese offensichtlich unhaltbar oder mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht (vgl. BGE 118 IV 293 E. 2b S. 295 und zum Begriff der Willkür BGE 125 II 129 E. 5b S. 134). Auf diejenigen Ausführungen in der Beschwerde, welche diese Bedingungen nicht erfüllen, kann nicht eingetreten werden.

2.- Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung des Prinzips des verfassungsmässigen Richters (Art. 58 aBV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK) und in diesem Zusammenhang die Missachtung von kantonalem Gesetzesrecht. Am Entscheid des Kantonsgerichts hätten ein vom Regierungsrat des Kantons St. Gallen ernannter ausserordentlicher Ersatzrichter sowie ein ausserordentlicher Gerichtsschreiber mitgewirkt (Beschwerde, S. 6 ff.).

Mit (Zwischen-)Entscheid vom 21. September 1998, signiert durch den ausserordentlichen Ersatzrichter der Strafkammer Carlo Ranzoni, wies das Kantonsgericht die Beweisanträge des damaligen Anwaltes des Beschwerdeführers ab, ein Zusatzgutachten über dessen Zurechnungsfähigkeit sowie Erkundigungen über seine Casinobesuche in den Jahren 1988 bis 1991 einzuholen (kt. act. Ue/16). Am 23. September 1998 wurde der Beschwerdeführer zur mündlichen Verhandlung vor Kantonsgericht am 27. Januar 1999 vorgeladen. In der Vorladung wurde darauf hingewiesen, dass die richterliche Besetzung vier Wochen vor dem Verhandlungstermin telefonisch bei der Kanzlei der Strafkammer angefragt werden könne (kt. act. Ue/17). Der Beschwerdeführer erfuhr die umstrittene Besetzung der Strafkammer des Kantonsgerichts spätestens an der mündlichen Verhandlung vom 27. Januar 1999, ohne dass er sie vor der Urteilsfällung gerügt hätte (vgl. kt. act. Ue/30 [Plädoyernotizen mit Anträgen des damaligen Vertreters des Beschwerdeführers]). Erst in seiner kantonalen Nichtigkeitsbeschwerde erhob er Einwände gegen die Zusammensetzung des erstinstanzlichen Spruchkörpers (Urteil Kassationsgericht, S. 4 ff.). Das Kassationsgericht hat diese Einwände behandelt. Gleichwohl fragt sich, ob der Beschwerdeführer mit seinem Zuwarten im kantonalen Verfahren die Geltendmachung einer Verletzung verfassungsmässiger Rechte vor Bundesgericht nicht verwirkt hat. Das kann hier indessen offen bleiben. Soweit die sich auf weiten Strecken in allgemeinen Ausführungen verlierende Rüge den Begründungsanforderungen gemäss Art. 90 Abs. 1 lit. b OG überhaupt genügt, ist sie unter Hinweis auf die nicht zu beanstandenden Ausführungen des Kassationsgerichts abzuweisen (Art. 36a Abs. 3 OG). Inwiefern Art. 46 GerG, der dem Regierungsrat die Ernennung von ausserordentlichen Ersatzrichtern auch im Hinblick auf den ordnungsgemässen Geschäftsgang zusteht (Urteil KG, S. 9) willkürlich angewendet worden wäre, ist nicht nachvollziehbar.

3.- Der Beschwerdeführer rügt, das Kassationsgericht habe auf ein formell ungültiges Gutachten abgestellt. Darin liege eine formelle und materielle Rechtsverweigerung. In diesem...

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