Arrêt nº 6B 151/2011 de Cour de Droit Pénal, 20 juin 2011

Date de Résolution20 juin 2011
SourceCour de Droit Pénal

Bundesgericht

Tribunal fédéral

Tribunale federale

Tribunal federal

{T 0/2}

6B_151/2011

Urteil vom 20. Juni 2011

Strafrechtliche Abteilung

Besetzung

Bundesrichter Mathys, Präsident,

Bundesrichter Schneider,

Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari,

Gerichtsschreiberin Arquint Hill.

Verfahrensbeteiligte

X.________,

vertreten durch Rechtsanwalt Roger Gebhard,

Beschwerdeführer,

gegen

  1. Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen, Bahnhofstrasse 29, 8200 Schaffhausen,

  2. Ya.________ und Yb.________,

    vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Keller,

    Beschwerdegegner/innen.

    Gegenstand

    Sexuelle Handlungen mit einem Abhängigen, Erleichtern des rechtswidrigen Aufenthalts, einfache Körperverletzung; Anordnung einer stationären Massnahme etc.,

    Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 15. November 2010.

    Sachverhalt:

    A.

    Das Obergericht des Kantons Schaffhausen sprach X.________ am 15. November 2010 zweitinstanzlich schuldig der Schändung, der einfachen Körperverletzung, der mehrfachen Tätlichkeiten, des Diebstahls, der mehrfachen geringfügigen Sachbeschädigung, des Betrugs, des mehrfachen Missbrauchs einer Fernmeldeanlage, der mehrfachen sexuellen Handlungen mit Kindern, der mehrfachen sexuellen Handlungen mit einem Abhängigen, der Pornografie, des mehrfachen Ungehorsams gegen amtliche Verfügungen, des Erleichterns des rechtswidrigen Aufenthalts, der einfachen Verkehrsregelverletzung, des mehrfachen Fahrens trotz Entzugs des Führerausweises, des Fahrens ohne Kontrollschild, des Fahrens ohne Fahrzeugausweis, des Fahrens ohne Versicherungsschutz, des Missbrauchs von Schildern sowie der mehrfachen Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz. Es widerrief den mit Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 20. Februar 2009 für eine Freiheitsstrafe von 12 Monaten gewährten bedingten Strafvollzug (u.a. wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind) und erklärte diese Strafe für vollziehbar. Es widerrief auch den mit Urteil des Obergerichts des Kantons Schaffhausen vom 16. November 2007 für eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen zu Fr. 70.-- gewährten bedingten Strafvollzug und änderte die Strafe in eine Freiheitsstrafe. Für die neue und die widerrufene Strafe gemäss Urteil vom 16. November 2007 sprach das Obergericht eine Gesamtstrafe von 30 Monaten Freiheitsstrafe (unter Anrechnung der Untersuchungshaft) und eine Busse von Fr. 2'000.-- aus, teilweise als Zusatzstrafe zu verschiedenen Strafentscheiden. Das Obergericht ordnete eine stationäre therapeutische Massnahme an. Den Vollzug der Freiheitsstrafe schob es zu Gunsten der Massnahme auf. Die an Ya.________ zu zahlende Zivilforderung setzte es auf Fr. 10'000.-- und die für Yb.________ auf Fr. 9'000.-- fest.

    B.

    Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, das angefochtene Urteil des Obergerichts vom 15. November 2010 sei aufzuheben. Er sei von den Vorwürfen der sexuellen Handlungen mit einem Abhängigen, des Erleichterns des rechtswidrigen Aufenthalts und der einfachen Körperverletzung freizusprechen. Für die neue und die widerrufene Strafe gemäss Urteil vom 16. November 2007 sei eine Gesamtstrafe von 18 Monaten Freiheitsstrafe unter Anrechnung der Untersuchungshaft als teilweise Zusatzstrafe auszusprechen. Vom Widerruf der bedingt ausgesprochenen Strafe gemäss Urteil vom 20. Februar 2009 sei abzusehen. Es sei eine psychotherapeutische ambulante Behandlung unter Aufschub des Vollzugs der Freiheitsstrafe anzuordnen. Yb.________ sei eine Genugtuung von Fr. 5'000.-- zuzusprechen. Die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens seien ihm hälftig aufzuerlegen.

    C.

    Das Obergericht des Kantons Schaffhausen hält die von der Verteidigung vor Bundesgericht erhobenen Rügen im Zusammenhang mit der Ergänzung des Gutachtens in seiner Stellungnahme vom 31. Mai 2011 für unbegründet. Im Übrigen verzichtet es auf eine Vernehmlassung unter Hinweis auf das angefochtene Urteil. Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen beantragt am 23. Mai 2011 die Abweisung der Beschwerde. X.________ reicht mit Eingabe vom 16. Juni 2011 unaufgefordert Bemerkungen zur Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft ein.

    Erwägungen:

  3. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen den Schuldspruch der mehrfachen sexuellen Handlungen mit einem Abhängigen. Er ficht den vorinstanzlichen Entscheid unter dem Gesichtspunkt des Abhängigkeitsverhältnisses wegen Verletzung des Anklagegrundsatzes unter Einschluss des rechtlichen Gehörs und des Anspruchs auf ein faires Verfahren (Art. 29 Abs. 2, Art. 32 Abs. 2 BV, Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. a und b EMRK) sowie wegen willkürlicher Beweiswürdigung (Art. 9 BV) und falscher Anwendung von Art. 188 Ziff. 1 Abs. 1 StGB an (Beschwerde, S. 5-12).

    1.1

    1.1.1 Die Anklage bestimmt den Prozessgegenstand. Sie hat die dem Angeklagten zur Last gelegten Straftaten in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe genügend konkretisiert sind. Der Angeklagte muss aus der Anklageschrift ersehen können, wessen er angeklagt ist, so dass er sich in seiner Verteidigung richtig vorbereiten kann und nicht der Gefahr von Überraschungen ausgesetzt ist. Das bedingt eine zureichende Umschreibung der Tat. Entscheidend ist, dass der Angeklagte genau weiss, was ihm konkret vorgeworfen wird (BGE 126 I 19 E. 2a; 120 IV 348 E. 2c). Das Anklageprinzip gewährleistet zugleich die Verteidigungsrechte und den Gehörsanspruch des Angeklagten. Das Gericht ist an den in der Anklage umschriebenen Sachverhalt gebunden, nicht aber an dessen rechtliche Würdigung durch die Anklagebehörde (BGE 126 I 19 E. 2a).

    1.1.2 Mit Anklageschrift vom 24. April 2009 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen den Beschwerdeführer, unter anderem wegen sexueller Handlungen mit einem Abhängigen. Der Beschwerdeführer habe den am 15. Juli 1988 geborenen Beschwerdegegner in der Zeit vom 15. Juli 2004 bis 16. Juli 2006 mehrfach, ca. zwei- bis fünfmal bei sich zu Hause und einmal in der Nähe des Schulhauses A.________ in Schaffhausen, oral befriedigt, nachdem er diesem die Kleider ausgezogen habe. Der Beschwerdeführer habe sich teilweise gleichzeitig manuell selbst befriedigt. Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Täter und Opfer begründet die Anklage mit der langjährigen Familienfreundschaft und den beinahe täglichen Aufenthalten des Beschwerdeführers bei der Familie des Opfers. Zudem habe er dem Beschwerdegegner mehrmals Bargeld in der Höhe von Fr. 50.-- bis Fr. 100.-- zukommen lassen (act. 936).

    1.1.3 Die Vorinstanz erachtet den Anklagesachverhalt aufgrund der Aussagen von Beschwerdeführer und Beschwerdegegner als erstellt. Jener sei ein guter bis sehr guter Freund des Hauses gewesen. Das zeige schon die Tatsache, dass die Eltern des Beschwerdegegners von einer Anzeige (wegen früherer Übergriffe) abgesehen hätten, um das Freundschaftsverhältnis nicht zu gefährden, was das Opfer zweifellos gespürt habe. Der Beschwerdeführer sei der ganzen Familie Y.________ intellektuell weit überlegen gewesen. Bereits deswegen sei eine gewisse Abhängigkeit anzunehmen. Dazu komme offenbar auch eine finanzielle Abhängigkeit, indem sich die Familie dank des Beschwerdeführers Ferien und anderes habe leisten können, was sonst nicht möglich gewesen wäre. Auch wenn letztlich nicht ganz klar sei, wann und wie viel Geld der Beschwerdeführer dem Opfer teilweise gegeben habe, stehe fest, dass ein Abhängigkeitsverhältnis bestanden habe, welches weit über eine normale Beziehung zwischen einem Erwachsenen und einem Jugendlichen hinausgegangen sei. Der Beschwerdeführer habe seine generelle Überlegenheit als Erwachsener, seine "Götti"-ähnliche Stellung, seine Vertrauensstellung in der Familie, seine Autorität sowie die freundschaftlichen Gefühle und die Zuneigung des Opfers zur Vornahme der sexuellen Handlungen ausgenutzt (angefochtenes Urteil, S. 25 f.).

    1.1.4 Die Abhängigkeit des Beschwerdegegners zum Beschwerdeführer wird in der Anklageschrift mit dem Hinweis auf die langjährige und intensive Familienfreundschaft sowie die beinahe täglichen Aufenthalte des Beschwerdeführers bei der Familie des Opfers und den Geldgeschenken an dieses in den Grundzügen umschrieben. Soweit die Vorinstanz zur Begründung des Abhängigkeitsverhältnisses vor dem Hintergrund der strukturellen Einbettung des Beschwerdeführers in die Familie...

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