Arrêt nº 6P.176/2006 de Cour de Droit Pénal, 16 février 2007

Conférencierpublié
Date de Résolution16 février 2007
SourceCour de Droit Pénal

veröffentlichter Text

Chapeau

133 IV 21

  1. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofs i.S. X. gegen Staatsanwaltschaft sowie Kantonsgericht St. Gallen (Staatsrechtliche Beschwerde und Nichtigkeitsbeschwerde)

    6P.176/2006 / 6S.404/2006 vom 16. Februar 2007

    Faits à partir de page 21

    BGE 133 IV 21 S. 21

    A.

    A.a Das Bezirksgericht Werdenberg sprach X. mit Urteil vom 5. Juli 2001 des gewerbsmässigen Betruges schuldig und verurteilte ihn zu 3 Jahren Gefängnis. Ferner verurteilte es ihn zur Zahlung von DM 1'450'000.- Schadenersatz an die Geschädigten. Auf Berufung des Beurteilten hin erklärte das Kantonsgericht St. Gallen X. mit Entscheid vom 2. Juni 2004 der Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug schuldig und verurteilte ihn zu 2 1 /2 Jahren Gefängnis. BGE 133 IV 21 S. 22

    Von der Anklage des gewerbsmässigen Betruges in einem Fall sprach es ihn frei. Die Zivilforderungen verwies es auf den Weg des Zivilprozesses.

    A.b Eine gegen diesen Entscheid geführte eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde hiess das Bundesgericht mit Urteil vom 25. Februar 2005 gemäss Art. 277 BStP gut, hob das angefochtene Urteil auf und wies die Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Die gleichzeitig erhobene staatsrechtliche Beschwerde schrieb es als gegenstandslos am Geschäftsverzeichnis ab.

    1. Das Kantonsgericht St. Gallen sprach daraufhin X. mit Urteil vom 2. Mai 2006 von der Anklage der Gehilfenschaft zu gewerbsmässigem Betrug frei. Hingegen erklärte es ihn nunmehr der qualifizierten Veruntreuung schuldig und verurteilte ihn zu 18 Monaten Gefängnis, mit bedingtem Strafvollzug bei einer Probezeit von 2 Jahren. In einem Fall sprach es ihn von der Anklage der qualifizierten Veruntreuung frei. Die Zivilforderungen gemäss Ziff. 5 des Urteils des Bezirksgerichts Werdenberg vom 5./6. Juli 2001 verwies es auf den Weg des Zivilprozesses.

    2. X. führt erneut sowohl staatsrechtliche Beschwerde als auch eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde, mit denen er je beantragt, die Ziffern 2 und 4, soweit sich die Letztgenannte auf die Verfahrenskosten beziehe, sowie die Ziffern 5 und 6 des angefochtenen Urteils seien aufzuheben und die Angelegenheit sei zu seinem Freispruch von Schuld und Strafe bzw. zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Extrait des considérants:

    Aus den Erwägungen:

    1. Nichtigkeitsbeschwerde

  2. 4.1 Dem zu beurteilenden Fall liegt folgender, für den Kassationshof verbindlich festgestellter Sachverhalt (Art. 277bis Abs. 1 BStP) zugrunde:

    BGE 133 IV 21 S. 23

    Die deutschen Staatsangehörigen A., B. und C. boten in Zeitungsinseraten und persönlichen Werbeaktionen die Vermittlung von Bankgarantien (Zahlgarantien, letters of intent) in Millionenhöhe an, welche unter anderem zur Sicherstellung von Krediten, Finanzierungen von Immobilien, als Kapitaleinlagen usw. dienen sollten. Mit diesen Werbeaktionen sprachen sie in erster Linie Personen an, die Kreditbedarf hatten, jedoch in der Regel von deutschen Banken keine Kredite erhielten. Circa im Sommer 1995 trat A. mit dem Beschwerdeführer, der damals Geschäftsführer der D. AG war, in Verbindung, um ihn für die treuhänderische Entgegennahme und Weiterleitung der Gebühren für die Vermittlung der Bankgarantien zu gewinnen.

    Mit der angebotenen Bankgarantie (Zahlgarantie) erklärte sich die Bank unwiderruflich und unbedingt bereit, dem Vertragspartner nach Ablauf von 5 Jahren und einem Tag (gerechnet ab Datum der Garantieerklärung) ohne weitere Aufforderung einen Betrag von USD 49 Mio. zu zahlen. Die Garantien sollten durch die Firma E. Inc., welche die vom Beschwerdeführer geführte Treuhandgesellschaft im Juni 1995 an A. verkauft hatte, bzw. durch den seitens der E. Inc. beauftragten deutschen Rechtsanwalt C. gegen eine Gebühr von DM 200'000.- vermittelt werden. Die Verpflichtung bestand ohne Gegenleistung, namentlich ohne Leistung von Sicherheiten. Der von den Kunden zu bezahlende Betrag von DM 200'000.- floss nicht an die Bank, sondern ging an die Vermittler. Keiner der Kunden unterhielt zudem bei der entsprechenden Bank ein Konto oder ein Depot, auf welches diese im Falle der Inanspruchnahme hätte zurückgreifen können. Die Bank klärte auch die Bonität der Kunden nicht ab.

    Zur Erlangung einer solchen Zahlgarantie mussten die Kunden einen "Auftrag für die Vermittlung einer Bankgarantie" sowie einen "Treuhandauftrag" abschliessen. Die Verträge wurden neben den Kunden als Auftraggeber von der E. Inc. als Beauftragter sowie vom Beschwerdeführer unterzeichnet. Die Vermittlungsgebühr hatten die Kunden auf dem Konto der vom Beschwerdeführer geführten Treuhandgesellschaft zu hinterlegen.

    In der Folge unterzeichneten in der Zeit vom 21. September bis zum 23. November 1995 neun Kunden in den Räumlichkeiten der D. AG insgesamt 18 Verträge für die Vermittlung einer Bankgarantie, in der Regel von der Bank F. oder der G. Bank. Die Kunden überwiesen dabei Gebühren von insgesamt DM 3,6 Mio. auf das Konto der D. AG. Der Beschwerdeführer überwies jeweils DM 105'000.- pro Vertrag an Rechtsanwalt C. sowie einen Betrag von DM 20'000.- entsprechend dem vereinbarten Honorar an die E. Inc., über deren Konto er im Übrigen verfügungsberechtigt war. Den restlichen Betrag überwies er an die E. Inc., sobald er von Rechtsanwalt C. benachrichtigt worden war, dass die "unwiderrufliche Bereitschaftserklärung" der Bank bei ihm eingegangen sei. Pro abgeschlossenem BGE 133 IV 21 S. 24

    Vertrag erhielt der Beschwerdeführer eine Treuhandkommission von DM 14'000.-.

    Die in den einzelnen Fällen in Umlauf gebrachten Bankpapiere erwiesen sich in der Folge allesamt als plumpe Fälschungen. Die von den Kunden einbezahlten Beträge wurden von den Verantwortlichen für die Geschäftsabwicklung nicht zurückerstattet, wodurch die Anleger zu Schaden gekommen sind (vgl. Urteil des Bundesgerichts 6P.124/2004 vom 25. Februar 2005, E. 4/6.4.1).

    4.2 Der Kassationshof gelangte in seinem Rückweisungsentscheid vom 25. Februar 2004 bei der Prüfung des Tatbestandsmerkmals der Arglist im Rahmen der Anklage wegen Betruges zum Schluss, es könne auch einem Laien in Finanzangelegenheiten nicht verborgen bleiben, dass ein Geschäft, in welchem sich eine Bank unwiderruflich und bedingungslos verpflichte, Kunden, welche bei ihr weder ein Konto noch ein Depot unterhielten, nach Ablauf von 5 Jahren und einem Tag einen Betrag von USD 49 Mio. auszuzahlen, vollkommen realitätsfremd sei und mit den Gegebenheiten des üblichen Wirtschaftsverkehrs nichts gemein habe. Den Geschädigten habe klar sein müssen, dass ein solcher Handel nicht existieren könne, zumal sie in ihrer Mehrheit jedenfalls nicht völlig branchenunkundig gewesen seien (E. 6.4.1). Da das Kantonsgericht St. Gallen indes in Bezug auf die Schutzbedürftigkeit der einzelnen Geschädigten keine umfassenden Feststellungen getroffen hatte, war der Kassationshof nicht in der Lage, abschliessend zu prüfen, ob das Merkmal der Arglist in den angeklagten Einzelfällen erfüllt war. Er wies daher den angefochtenen Entscheid zur weiteren Abklärung an das Kantonsgericht zurück (E. 6.4.3).

    4.3 Die Vorinstanz gelangte anlässlich ihrer Beratung vom 9. Dezember 2005 zum Schluss, dass am Tatbestand des Betruges nicht mehr festgehalten werden könne. Den Parteien wurde das Ergebnis der Beratung zur Kenntnis gebracht und es wurde ihnen mitgeteilt, dass das Verhalten des Beschwerdeführers, wie es sich aus der Anklageschrift ergebe, nunmehr unter dem Gesichtspunkt der Veruntreuung geprüft werde.

  3. 5.1

    5.1.1 Die Vorinstanz nimmt in rechtlicher Hinsicht an, die von den Geschädigten überwiesenen Beträge von DM 200'000.- oder einem Vielfachen davon seien den Tätern anvertraut gewesen. Jene seien

    BGE 133 IV 21 S. 25

    durch ein Konglomerat von Täuschungshandlungen dazu bewogen worden, die Vermögenswerte auf das Konto der vom Beschwerdeführer geführten Treuhandgesellschaft einzuzahlen. Zu diesen Täuschungen hätten die verschiedenen Versprechungen und Ausführungen der Finanzverwalter aus Deutschland, die schriftlichen Verträge und nicht zuletzt auch das Verhalten des Beschwerdeführers sowie das Umfeld seiner Geschäftsräumlichkeiten gehört. Das Verhalten der Beteiligten habe dazu gedient, die Opfer dazu zu motivieren, ihnen die Vermögenswerte anzuvertrauen. Insbesondere die schriftlichen Verträge hätten dabei eine nicht existierende Sicherheit vorgespiegelt, indem zwei Treuhänder - der Beschwerdeführer und Rechtsanwalt C. - zwischen die Kunden und den sogenannten Supervisor geschaltet worden seien. Dabei sei unerheblich, dass der Beschwerdeführer selber nicht alle bzw. nur den kleineren Teil der Täuschungshandlungen vorgenommen habe. Wesentlich sei, dass die Opfer ihm den Betrag von DM 200'000.- aufgrund einer Täuschung übergeben hätten.

    Erfüllt seien auch die übrigen Tatbestandsmerkmale der Veruntreuung. Der Beschwerdeführer habe aufgrund des von ihm unterzeichneten Vermittlungsvertrages die Aufgabe gehabt, die anvertrauten Vermögenswerte im Sinne der vertraglichen Vereinbarung mit den Treugebern treuhänderisch zu verwalten. Zweck des mit den Opfern geschlossenen Vertrages sei die Hinterlegung eines Betrages von DM 200'000.- für die Beschaffung einer Bankgarantie gewesen. Dem Beschwerdeführer und den weiteren Tätern sei indes klar gewesen, dass dieses Ziel nicht zu erreichen gewesen sei. Der Beschwerdeführer sei Glied einer die Anleger täuschenden Tätergruppe gewesen, die gewillt gewesen sei, den obligatorischen Anspruch der Investoren zu vereiteln. Diese Vereitelungshandlung habe darin bestanden, dass er die ihm anvertrauten Beträge zwar dem Wortlaut der Verträge entsprechend verwendet habe, dies aber im Wissen darum, dass die Anleger bzw. Treugeber weder die versprochene Gegenleistung erhalten noch je wieder in den Genuss des investierten Geldes kommen würden. Eine Veruntreuungshandlung stelle auch der Umstand dar, dass der Beschwerdeführer für die E. Inc. und die D. AG das vertraglich vereinbarte Honorar von DM 20'000.- entgegengenommen habe, weil er wegen der Unrechtmässigkeit der abgeschlossenen Geschäfte keinen...

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